Die Bremische Bürgerschaft wird in der bevorstehenden Plenarwoche über die Einführung einer Übergewinnsteuer diskutieren. Die Koalitionsfraktionen aus SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE haben dazu eine Aktuelle Stunde beantragt. „Die damit erzielten Einnahmen können zur Abfederung der Preissteigerungen und zur Finanzierung der staatlichen Entlastungspakte eingesetzt werden“, heißt es in dem Antrag der Fraktionen, der mit „Eine Frage der Gerechtigkeit“ überschrieben ist. Die Debatte dazu findet am Mittwoch statt.
Güngör (SPD): „Das ist keine Strafe, das ist Solidarität“
„Für uns gilt, dass starke Schultern mehr tragen müssen. Wer in diesen Zeiten leistungslos mehr Profite macht und dabei die Notlage anderer ausnutzt, der muss überproportional mehr abgeben als diejenigen, die gerade so über die Runden kommen. Das ist keine Strafe, das ist Solidarität und Gerechtigkeit“, erklärte der SPD-Fraktionsvorsitzende Mustafa Güngör. „Und es ist kein Geheimnis, dass uns allen dabei zuerst Namen wie Shell oder Exxon Mobil einfallen. Wenn sich die Preise für Rohöl und den Sprit an der Tankstelle so offensichtlich entkoppeln, dann muss der Staat reagieren.“
Der SPD-Fraktionschef betonte insbesondere im Blick auf kleine und mittelständische Unternehmen sowie Handwerksbetriebe, dass die Union in Bund und Land nichts zu deren Entlastung beigetragen habe, sondern sich jetzt auch noch klar auf die Seite der Ölmultis stelle. „Die Fundamentalopposition der Bremer CDU ist unzureichend und unverantwortlich“, so Güngör.
Fecker (Bündnis 90/DIE GRÜNEN): „Bereicherung auf Kosten aller darf so nicht weitergehen“
Auch der Fraktionsvorsitzende der Bremer GRÜNEN, Björn Fecker, verdeutlichte, die Mineralölkonzerne nutzten die aktuelle Krise gewissenlos aus. „Die Ölmultis stopfen sich die Taschen voll, während die Verbraucher*innen und mittelständische Unternehmen unter den hohen Energiepreisen leiden. Diese exzessiven Gewinne sind durch nichts zu rechtfertigen. So hat sich zum Beispiel der Tankstellenpreis enorm vom Rohölpreis entkoppelt. Zugleich wird der Rabatt nicht weitergegeben. Eine Übergewinnsteuer kann darauf die richtige Antwort sein.“
Ebenso sollte auch das Kartellrecht verschärft werden. Wer seine Marktmacht für Extraprofite schamlos missbrauche, müsse künftig mit klaren Konsequenzen rechnen. Die Bereicherung auf Kosten aller anderen dürfe so nicht weitergehen, so Fecker. „Bedauerlich ist, dass die FDP in dieser Frage noch ihren Kompass sucht. Von einer Regierungspartei ist zu erwarten, dass sie Verantwortung für alle Menschen in unserem Land übernimmt. Wir müssen geringe und mittlere Einkommen in dieser Lage entlasten. Die Entlastungspakete müssen refinanziert werden. Was nicht geht ist, bei allem Nein zu sagen. Nach ihrem Tankrabatt-Flop steht die FDP besonders in der Verantwortung, übermäßige Profite für das Allgemeinwohl abzuschöpfen.“
Rupp (DIE LINKE): „Übergewinnsteuer auf alle Krisenprofiteure ausweiten“
„Wer Kriege nutzt, um ohne Mehrarbeit seine Gewinne zur vervielfachen, gehört stärker besteuert. Dafür ist eine Übergewinnsteuer das richtige Mittel“, erläuterte der finanzpolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE, Klaus-Rainer Rupp. „Damit so eine Steuer aber auch funktioniert, müssten zusätzlich Importzölle erhoben werden oder – ähnlich wie bei der Digitalsteuer – die Umsätze dort besteuert werden, wo sie anfallen. Bisher versteuern die Mineralölkonzerne nämlich nur einen sehr geringen Teil ihrer Gewinne aus dem deutschen Geschäft auch in Deutschland.“
Eine Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne sei dabei nur der erste Schritt. Auch Rüstungskonzerne hätten derzeit volle Auftragsbücher und hohe Gewinnerwartungen. „Die Digitalkonzerne wie Facebook und Amazon sowie große Pharmakonzerne haben während der Corona-Pandemie ihre Marktmacht ausgenutzt und Rekordumsätze eingefahren. Wir fordern deshalb, die Übergewinnsteuer auf alle Krisenprofiteure auszuweiten“, so Rupp.
Bereits in der letzten Woche hatte der Bremer Senat eine Bundesratsinitiative auf den Weg gebracht, die darauf abzielt, kriegsbedingte und leistungslose Gewinne mit einer Übergewinnsteuer zu belegen.
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