Henrike Müller zum Europatag: Nach der Krise ist vor der Krise – Europäische Bewältigungsstrategien

Länger als ein Jahr lebten weltweit Bevölkerungen in Angst vor einem für viel zu viele Menschen tödlichen Virus. In manchen Ländern kann inzwischen wegen einer hohen Impfquote einigermaßen aufgeatmet werden, in anderen wie Indien befinden sich die Menschen weiterhin in dramatischen Situationen. Zu beobachten war und ist ein sehr unterschiedlicher Umgang bei der Pandemiebekämpfung, auch innerhalb der Europäischen Union. Die Bilanz der europäischen Krisenbewältigung fällt sicher eher gemischt aus. Die Pandemie ist noch nicht überstanden, aber Besserung doch endlich in Sicht. Die nächste existenzielle Bedrohung schreitet derweil fast ungehindert voran, der rasante Klimawandel. Wir sind also gut beraten, die Erfahrungen aus der Krisenbewältigung der letzten 1,5 Jahre ehrlich aufzuarbeiten, Lehren zu ziehen und uns jetzt auf die nächste langwierigere Krisenbewältigung effektiv vorzubereiten.

Zu Recht ringen wir daher seit langer Zeit in jeder Plenarsitzung – ob in Bremen oder in Brüssel – um die notwendige politische Umsteuerung, die dem Klimawandel mit den richtigen und notwendigen Maßnahmen begegnet. Der Bedeutung des Themas angemessen hat die Bremische Bürgerschaft zusätzlich die Klima-Enquete-Kommission eingerichtet und der Ausschuss der Regionen (AdR) versucht mit 27 neu ernannten Nationalen Botschafter*innen für Klimaschutz dem Thema mehr Priorität einzuräumen. Wir Botschafter*innen bilden nun eine sog. zweite Kammer im Europäischen Konvent der Bürgermeister für Klima und Energie. In diesem Konvent arbeiten mehr als 10.000 Kommunen gemeinsam daran, ehrgeizige klima- und energiepolitische Ziele umzusetzen. Auch wenn wir Botschafter*innen sicher als soft-power-Instrument einzuschätzen sind, freue ich mich doch sehr, dass wir hier ein neues horizontales Netzwerk zur Verfügung haben, um voneinander zu lernen, best-practice-Beispiele auszutauschen, uns gegenseitig zu motivieren und so dem vereinbarten Ziel, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu entwickeln, näher zu kommen. Dieses Ziel können wir nur erreichen, wenn wir

  • die Erfahrungen unserer Kolleg*innen aus den verschiedensten Regionen Europas in unseren Entscheidungen berücksichtigen,
  • uns solidarisieren und Kräfte bündeln, um eine breite Allianz für mehr Klimaschutz zu bilden,
  • gute Erfahrungen aus der Krisenbewältigung sammeln und austauschen,
  • jetzt die notwendige grenzüberschreitende Infrastruktur aufbauen, um Klimaschutzmaßnahmen zu effektivieren.

Ich freue mich sehr über die neue Aufgabe als nationale Botschafterin und nutze sie gerne, um für mehr Sensibilität und höhere Aktivität im Bereich des Klimaschutzes zu werben, sowohl hier in Bremen als auch im Kontakt mit unseren vielen aktiven Freund*innen europaweit.