Seit Jahren nimmt die Debatte um Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland wieder an Fahrt auf. Traurige Berühmtheit erlangte dabei die hessische Gynäkologin Kristina Hänel. Sie wurde für das bloße Informieren von Schwangerschaftsabbrüchen auf ihrer Praxishomepage verurteilt. Denn der §219a verbietet die vermeintliche „Werbung“ dafür. Dabei ist der §219a irreführend: Schließlich wird nicht für einen Abbruch geworben wie für ein Kaugummi, sondern es soll informiert und aufgeklärt werden. §218 stellt Abbrüche grundsätzlich unter Strafe. Die Gesetzesreform der GroKo von 2019 verschärft das Problem.
Die blinden Flecken in der deutschen Versorgungslandschaft werden immer größer und die Situation für Schwangere damit dramatischer. Ärzte, die Abbrüche vornehmen, gehen in den Ruhestand. Zu wenig kommen nach. 2018 wurden in 1200 Praxen und Kliniken Abbrüche vorgenommen, das ist in den vergangenen 15 Jahren ein Rückgang von insgesamt 40 %. Das bekommen mittlerweile auch ungewollt Schwangere in Bremerhaven zu spüren. Dort ist der letzte Arzt, der Abbrüche durchführt, 2020 in den Ruhestand gegangen. Die Paragrafen 218 und 219a sorgen für ein Klima der Angst unter Ärzten, und dass ein Abbruch weiterhin tabuisiert wird. Verschiedene Abbruchmethoden werden kaum noch im Studium gelehrt.
Die Eigenwahrnehmung in Deutschland ist stark von einem liberalen und aufgeklärten Geist geprägt, der Frauen in ihren Entscheidungen bestärkt und befähigt. Doch genau diese Eigenwahrnehmung stimmt nicht mit der Realität überein. In der essenziellen Frage um das körperliche Selbstbestimmungsrecht handeln wir nicht so, wie wir es uns gerne auf die Fahne schreiben würden. Dabei hat der Staat ganz klar die Verantwortung, eine Versorgungssicherheit herzustellen. Das gilt insbesondere für unsere staatlichen Kliniken in Bremen.
Aktuell ist es besonders einfach, auf die dramatische Situation in Polen mit dem Finger zu zeigen. Dort ist der Frauenkörper zum neuen politischen Schlachtfeld avanciert und das Verbot von Abbrüchen zum Ausdruck der rechtskonservativen Regierung geworden. Mit Hilfe des Verfassungsgerichts wurden de facto Schwangerschaftsabbrüche verboten. In Ungarn sieht es nicht besser aus. Malta hat sogar ein komplettes Verbot. Ein aufgeklärter und verantwortungsbewusster Einsatz für Selbstbestimmungsrechte hört nicht an Grenzen auf. Das Ringen um eine emanzipatorische Gesellschaft und das Selbstbestimmungsrecht der Frau mögen in Deutschland nur eine randständige Debatte sein, ist es aber nicht. Der Kampf um Selbstbestimmung hat nie aufgehört, im Gegenteil er nimmt gerade wieder Fahrt auf. Der Weltfrauentag ist ein guter Tag, um uns klar für Freiheit und Gleichheit einzusetzen – in Deutschland, in Europa und weltweit.
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