Sona Terlohr: Liebe geht durch den Magen

Wer liebt das denn nicht – ein gutes Essen mit Freunden, ein kühler Sommerwein dazu. Köstlich. Soll ich mal, natürlich erst nach dem Hauptgang, die Spielverderberin machen? Essen, gar gutes Essen, ist nämlich immer auch eine Frage der Gerechtigkeit. Wer kann es sich leisten, auf wessen Kosten essen wir, was richten wir mit unserer Art zu essen bei Umwelt und Klima an? Warum schmeißt jeder Haushalt pro Jahr 75 kg Essen in die Tonne, während gleichzeitig die Tafeln wegen zu hoher Nachfrage Wartelisten ausgeben müssen?

Leisten wir uns doch zum Dessert eine kleine Diskussionsrunde über das Thema Essen und Gerechtigkeit. Großer Aufschlag sicher die gegenwärtige Getreidekrise und die Gefahr von Hunger in der Welt durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Der globale Süden wird leiden – weil die Kornkammer Europas stillgelegt ist, aber auch weil wir immer noch den Weizen lieber an Tiere verfüttern, als dass wir die Menschen damit ausreichend versorgen. Aber dann sollten wir solche Fragen doch schnell auch mal herunter brechen auf unseren Alltag. Was kostet Butter heute? 20 % mehr als vor dem Krieg? Kann unsere Nachbarin sich das noch leisten, frisst die Inflation ihr auch diesen letzten kleinen Luxus weg?

Gutes Essen darf kein Luxus sein. Schauen wir doch mal in die Bremer Kitas und Schulen. Seit Jahren gehört es in erfolgreichen, innovativen Unternehmen selbstverständlich zum Marketing und Selbstverständnis, dass Kantinen bzw. das firmeneigene „Restaurant“ den Status einer Visitenkarte hat: Ein Workshop, eine Sitzung, ein Seminar ist immer nur so gut wie die belegten Brötchen in der Pause! Warum ist das in Kitas und Schulen nicht so? Dazu bedarf es endlich die Umsetzung des im Februar 2018 beschlossenen „Aktionsplan 2025- Gesunde Ernährung in der Gemeinschaftsverpflegung der Stadtgemeinde Bremen“ – das darf von der Bildungsbehörde nicht weiter ausgesessen oder ignoriert werden!

Dabei wäre gerade an dieser Stelle eine gute Chance gegeben, soziale Gerechtigkeit tatsächlich ganz praktisch umzusetzen. Kinder aus Familien mit geringem Einkommen sollen nicht nur keinen Hunger haben, sondern sollen etwas richtig super Gutes gegessen haben!

Das hätte Vorbildcharakter und ist auch die Gelegenheit, durch Angebote und Gewöhnung nachhaltige Ernährung zu etablieren und damit unsere Zukunft zu sichern. Dazu gehören auch angepasste pädagogische Konzepte, die sich quasi logisch ergeben und endlose Möglichkeiten „by the way“ für Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) bieten. Und dann kann es ganz praktisch werden – Erdbeeren pflücken auf dem Hof Kaemena, Anbau von Gemüse im Schulgarten, durch selber Kochen von selbstangebautem Gemüse, Einbeziehung des Kochteams ins Pädagogische Team, dadurch Möglichkeiten z.B. für Arbeitsplätze oder Ausbildungsplätze auf dem 1. Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung und, und, und … Da sind die Möglichkeiten riesig.

Liebe geht durch den Magen – wir lieben unsere Kinder! 🙂

Kitas und Schulen in Bremen und Bremerhaven müssen die besten Kantinen im Land bekommen. Unsere Kinder müssen die leckerste, gesündeste und nachhaltigste Ernährung bekommen. Das wäre gut für unsere Kinder, gut für unsere Zukunft, gut für unser Klima, gut für Gerechtigkeit im Land Bremen.

Lehnen wir uns jetzt doch noch mal kurz zurück und denken beim Espresso etwas grundsätzlicher: Die Bremer Enquetekommission schlägt Ziele für das Jahr 2030 und darüber hinaus (bis zum Zieljahr der Klimaneutralität) für den Bereich Ernährung vor und postuliert, dass nachhaltigere und klimafreundlichere Ernährung ein Querschnittsthema in der Politik und der Klimaschutzstrategie des Landes Bremen darstellt. Bis 2030 erwartet die Kommission, dass der Konsum von Fleisch mindestens um 50% zurückgegangen ist, Bürger*innen sich überwiegend pflanzenbetont ernähren, die Lebensmittelabfälle im Land Bremen mindestens halbiert wurden. Das markiert einen Schnittpunkt von Enquete-Kommission und dem Aktionsplan 2025: Ernährung muss immer auch zusammengedacht werden mit Klimaschutz. Dementsprechend muss der Aktionsplan 2025 um die Enquete-Maßnahmen zum Klimaschutz erweitert werden!

Ein Satz aus dem Enquete-Bericht bringt es auf den Punkt: „Nachhaltigere und klimafreundlichere Ernährung sind für alle Bürger*innen zugänglich und bezahlbar.“ Ernährung hat also eine Menge zu tun mit sozialer Gerechtigkeit. Gute Ernährung hilft der Umwelt, hilft dem Klima, hilft der Gesundheit.

Fangen wir doch endlich bei den Kitas und Schulen an.

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