Für ein soziales, grünes Europa
Diese Woche feiern wir das 70-jährige Bestehen der Europäischen Union (EU).
Am 09. Mai 1950 legt der damalige französische Außenminister Robert Schuman den Grundstein für die jetzige EU. Seine Idee: Die deutsch- französische Kohle- und Stahlproduktion unter Aufsicht einer europäischen Institution zusammenlegen, um Krieg in Europa unmöglich zu machen.
Was ist daraus geworden?
Das Friedensprojekt ist geglückt. Aber die EU ist darüber hinaus gewachsen, ist zur Wirtschaftsunion geworden und hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam anzugehen.
Ja, gelebte europäischen Solidarität klappt nicht immer. Gerade im Bereich der europäischen Asylpolitik scheiterte die EU kläglich und auch zu Beginn der Pandemie schienen die Mitgliedstaaten alle ihr eigenes Süppchen zu kochen.Das sollte uns aber nicht entmutigen.
Denn im Moment der Krise liegt auch die Chance eines Kurswechsels in Richtung eines sozialen, nachhaltigen Europa.
Für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron ist jetzt der Moment der Wahrheit, in dem es sich zeigt, ob die EU ein politisches oder ein rein wirtschaftliches Projekt ist. Ich sage, es muss auch ein soziales Projekt sein.
Wir Grünen im Europaparlament fordern einen robusten, nachhaltigen und gerechten Aufbau-Plan von fünf Billionen Euro um die EU krisenfest zu machen und die Konsequenzen der Pandemie abzufedern. Kern ist hier die Investition in eine grüne, nachhaltige Wirtschaft, aber auch die Schaffung eines sozialen Europas.
Jahrelang wurde der Sozialstaat in vielen Mitgliedstaaten unterfinanziert. Bereits vor Corona war fast jeder vierte Mensch in der EU von sozialer Ausgrenzung und Armut bedroht. 700.000 Menschen lebten letztes Jahr ohne Obdach. Anders als zur Finanzkrise spricht die Politik aktuell wieder mehr über „Menschen“ als über Zahlen und das ist gut. Das Abrücken vom Dogma der schwarzen Null zeigt uns: alles ist möglich, wenn man nur will.
Wir müssen dieses Momentum jetzt nutzen, eine mutigere europäische Sozialpolitik zu betreiben und von der EU-Kommission versprochene Gelder in die richtigen Töpfe fließen zu lassen.
Die EU muss langfristig krisenfest werden. Und krisenfest bedeutet soziale Absicherungssysteme schaffen. In der Corona-Zeit hat sich gezeigt, wo diese funktionieren und wo nicht. Deutschland schneidet vergleichsweise gut ab, in Spanien und anderen Mitgliedstaaten bedeutet die Pandemie für viele das komplette Abrutschen in die Armut.
Was wir dringend brauchen, ist einen EU-Rahmen für eine angemessene Grundsicherung und faire Mindestlöhne, sowie eine EU-Strategie zur Armutsbekämpfung und zur Bewältigung der aktuellen Wohnungsnot und Obdachlosigkeit.
Um jedem und jeder in Europa ein Leben in Würde zu garantieren, müssen diese Themen neben Klimaschutz endlich zur EU-Priorität werden.
Ich selbst war in Zeiten der Finanzkrise Zeuge sozialer Ungerechtigkeit und lebte mit Hartz 4. Trotzdem habe ich nie aufgehört daran zu glauben, dass wir in Europa bessere Systeme für alle schaffen können.
Vielleicht schaffen wir es ja diesmal, die richtigen Konsequenzen aus der Krise zu ziehen.
Neuste Artikel
Koalition bringt Reform des Landesgleichstellungsgesetzes auf den Weg
Gemeinsame Pressemitteilung der Bürgerschaftsfraktionen von SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE Die Koalitionsfraktionen aus SPD, Bündnis 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE bringen gemeinsam eine Reform des Landesgleichstellungsgesetzes auf den Weg. Dies war im Koalitionsvertrag so verabredet worden – und soll nun im Februar in der Bürgerschaft beschlossen werden. Danach werden die bisherigen Frauenbeauftragten im…
Meinung am Freitag
„Die „Backpfeife hat mir auch nicht geschadet – kenn´ ich nicht, mag ich nicht oder früher war eh alles besser“
Bremen ist mal wieder Schlusslicht. Wir alle wissen, dass Bildung der Schlüssel für die Zukunft ist, für unsere eigene Zukunft, vor allem aber für die Zukunft kommender Generationen. Aber es klappt nicht in Bremen, wir hinken hinterher. Bildung ist ein so wichtiges Feld, dass alle Parteien sich eigentlich um das Ressort reissen müssten. Das passiert…
Klimapolitik
Klima-Bauzentrum öffnet als zentrale Anlaufstelle
Der Gebäudebestand ist der schlafende Riese bei der Energiewende. Wer ein Haus dämmen will, angesichts gestiegener Energiepreise und gesetzlicher Vorgaben die alte Öl- oder Gasheizung durch klimafreundliche Lösungen ersetzen will oder sich mit dem Gedanken an eine Solaranlage trägt, findet mit dem heute eröffneten Klima-Bauzentrum Am Brill 15 eine zentrale Anlaufstelle für alle Fragen. Dort…
Ähnliche Artikel
Europa
GRÜNEN-Politikerin Helga Trüpel bekommt Bundesverdienstkreuz am Bande in Straßburg verliehen
Die GRÜNEN-Politikerin Helga Trüpel hat am Dienstag das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekommen. Die Ehrung fand bei einer Feierstunde im Europäischen Parlament in Straßburg statt.
Europa
Henrike Müller zum Europatag: Nach der Krise ist vor der Krise – Europäische Bewältigungsstrategien
Länger als ein Jahr lebten weltweit Bevölkerungen in Angst vor einem für viel zu viele Menschen tödlichen Virus. In manchen Ländern kann inzwischen wegen einer hohen Impfquote einigermaßen aufgeatmet werden, in anderen wie Indien befinden sich die Menschen weiterhin in dramatischen Situationen. Zu beobachten war und ist ein sehr unterschiedlicher Umgang bei der Pandemiebekämpfung, auch…
Europa
#WeAreInThisTogether
Als Europäer*innen sind wir alle von der Coronakrise und ihren Folgen gemeinsam betroffen. Trotzdem hat Europa bei der Krisenbewältigung Schaden genommen: nationale Krisenpläne, Ausfuhrbeschränkungen für medizinische Produkte, geschlossene Grenzen. Was bedeutet europäische Solidarität in Krisenzeiten? Was gibt uns Hoffnung, wenn wir an Europa denken? Was muss passieren, damit Europa (wieder) das wird, was wir uns…