Dieter Steinfeld: Wir brauchen eine Solar-City Bremen in aller Konsequenz des Machens! 8. Juli 2021 Der letzte Parteiratschlag am 1. Juli 2021 hat mich veranlasst, hier meine Meinung zu schreiben. Es ging darin um ein Gutachten, wie bis 2030 80 % des CO2-Ausstoßes im Vergleich zu 1990 eingespart werden kann. Meiner Meinung nach ging die Diskussion dabei an den wesentlichen Punkten vorbei. Ich möchte daher einige Thesen und Überzeugungen aufstellen. Es geht darum zu handeln – jede und jeder Einzelne von uns. Ich denke nicht, dass das Ziel bis 2030 erreichbar ist. Aber das ist kein Grund mutlos zu werden, sondern sollte ein Ansporn sein, es dann einige Jahre später zu erreichen. Wichtig ist: Der Weg ist das Ziel und die Kraft, weiter zu machen, liegt am Weg. Wir werden das Ziel nicht als Partei erreichen – wir werden es nur als Gesellschaft erreichen. Und dafür brauchen wir nicht 51 % der Gesellschaft, sondern wenn nicht 100 %, dann doch nahe dran. Daher ist es kontraproduktiv, wenn wir z.B. die individuelle Mobilität in Frage stellen, in dem ein Gutachten sagt, dass bis 2030 50 % der heutigen Kilometerleistung reduziert werden muss. Dafür gibt es m.E. keine Grundlage und SO gewinnt man nicht die Überzeugung der Menschen, da die individuelle Mobilität für viele Menschen ein unverzichtbarer Lebensbestandteil ist. Wir werden das Ziel auch nicht erreichen, indem unrealistische Ziele im Gebäudebereich aufgestellt werden, die den Menschen Angst macht. Etwa zu Gasheizungen oder zum Ausbau der Fernwärme anstatt dezentraler Nahwärmenetze. Das sind unverhältnismäßig teure Dinge, die die Wohnkosten der Menschen stark erhöhen, aber dafür wenig Ertrag bringen. Wir dürfen uns auch nicht im klein-klein verlieren. Der alles entscheidende Punkt ist die Erzeugung von ausreichend Erneuerbaren Energien. Nur die Sonne liefert uns dafür auch in Bremen genug Energie – wir müssen diese uns geschenkte Energie nur nutzen! DAS MUSS DER FOKUS SEIN. In Gröpelingen wird gerade ein neues Straßenbahndepot gebaut – große optimale unverschattete Süddachflächen. Aber mit einem Gründach – weil das für die BSAG als kostengünstige Ausgleichsfläche gilt. Warum lassen wir so etwas im Jahr 2019 zu? – Warum gibt es noch immer keine Solardachpflicht bei Neubauten bzw. eine Solarfassadenpflicht bei geeigneten Südseiten? Warum reden wir 2021 über Begrünung von Haltestellenhäuschen und haben nicht schon längst darauf Solarmodule installiert, die in das Stromnetz einspeisen? Um das Ziel möglichst schnell zu erreichen, ist ein wichtiger Baustein natürlich auch die Energieeinsparung. Persönlich konnte ich meinen jährlichen Stromverbrauch in den letzten 10 Jahren ohne Komforteinbußen (!) um ca. 40 % senken. Obwohl mein Strompreis im gleichen Zeitraum um ca. 65 % gestiegen ist, ist die Höhe meiner Stromrechnung gleich geblieben. LED-Beleuchtung, Minimierung des Standby-Verbrauchs durch Steckerleisten, moderne Heiz- und Kühlgeräte, 10-Watt-PC etc. In der energetischen Beratung der Haushalte liegen noch sehr große ungenutzte Potentiale! Das gilt auch bei der individuellen Gebäudeheizung – 18 Grad Raumtemperatur sind genug – für mehr ist der Pullover erfunden worden 😉 . Wer sich nicht ohne wirkliche Komforteinbußen anpassen will – ja für den muss Energie auch teurer werden. Wir können Energieverschwendung nicht sozial abfedern, sondern müssen Energieverschwendung als Belastung der nachfolgenden Generation klar benennen. Gibt es diese Erneuerbare Energie quasi im Überfluss, warum soll dann nicht jemand z.B. mit seinem mit Solarmodulen versehenem Fahrzeug á la eines Pedilio oder auch eines Sion individuell fahren? Wichtig ist die Botschaft: Wir wollen die Mobilität nicht einschränken, sondern wir brauchen eine andere Mobilität. Im Idealfall als ÖPNV – aber auch individuell. Nur eben nicht mit einem (in Bremen produzierten) verschwenderischen 3-Tonnen-Batterieauto, was vom Ressourcenverbrauch nicht die Zukunft sein kann. Warum lassen wir in Bremen nicht nur noch private E-Autos zu, die sagen wir maximal 1,5 Tonnen wiegen? Warum nicht nur noch Verbrennerautos die weniger als 3 Liter verbrauchen oder wie in Japan Kei-Cars mit maximal 600 cm3 Hubraum und 1,48 cm Fahrzeugbreite? Warum gibt es noch H-Kennzeichen und kein Fahrverbot für Fahrzeugmotoren älter als 30 Jahre? Wir wissen, dass die Energiewende ein Projekt von ganz unten ist und nicht von oben verordnet werden kann. Die Menschen müssen es freiwillig aus Überzeugung tun. Die schiere Masse von kleinen Maßnahmen bringt dann den Erfolg. Deshalb ist ein ganz wichtiger Baustein, das jede und jeder selbst mit der solaren Stromerzeugung beginnt. Sei es mit einem kleinen 20 Watt-Solarmodul am Fenster, um damit das Smartphone aufzuladen. Sei es mit einer direkt in das Hausnetz einspeisenden Balkonsolaranlage, die ihre Anschaffungskosten in 4 – 5 Jahren amortisiert und wo man dann nur noch spart. Warum ist es heute noch möglich, dass ein*e Gebäudeeigentümer*in oder eine Hausgemeinschaft Mieter*innen das Anbringen von Solarmodulen an einem Balkon untersagen dürfen? – Warum verschenkt der Staat nicht o.g. kleine Solarmodule, „um bei den Menschen das Solarfeuer zu entfachen“, was diese dann eigenständig ausbauen? Wir werden in Deutschland ca. 500 GW an Photovoltaikleistung benötigen. Das ist ca. das Zehnfache von dem, was in den letzten ca. 20 Jahren insgesamt in Deutschland installiert wurde. Rechnet man teuer mit 1.000 Euro je kW Investitionskosten, dann sind das 500 Milliarden Euro. In Deutschland betrug nur das private Geldvermögen lt. Bundesbank Ende 2020 ca. 6,7 Billionen Euro. Gelder, die absehbar allesamt unverzinst oder mit negativen Zinsen „herumliegen“. Wir müssen den Menschen nahebringen, dass es für sie und ihre Nachkommen gut ist, wenn sie das Geld in Erneuerbare Energien investieren und quasi von der Sonne verzinsen lassen. Auch für Stromspeicher ist prinzipiell ausreichend privates Geld vorhanden. Deshalb ist es auch eher unwichtig, sich als Bremer Politik Gedanken darüber zu machen, wie Immobilien Bremen seine paar geeigneten Dächer solar nutzen kann. Das Potential liegt ganz woanders – in privater Hand. Zu der (dezentralen) Photovoltaikanlagen haben wir dann noch die Windkraft an Land und auf See. Und (neue) Technologien wie auch aus Sonnenlicht erzeugte Algen- oder Grünmasse, die energetisch genutzt werden könnten. Im Bereich der Speichertechnologien liegt offenbar noch viel Verbesserungspotential, was uns optimistisch stimmen sollte. Ein wichtiger Punkt ist ebenfalls das Pflanzen von CO2-aufnehmenden Bäumen – etwas, was im Gutachten offenbar gar nicht aufgenommen wurde. Das muss im Gegensatz etwa zur Gebäudedämmung nicht teuer sein und es dürfte noch viel Potential in Bremen dafür geben. Wir brauchen eine Solar-City Bremen in aller Konsequenz des Machens! Das haben wir als Grüne in Bremen bisher nicht so propagiert und umgesetzt, wie es möglich und notwendig ist. Verschwenden wir keinen weiteren Tag mit irgendwelchen Zieldefinitionen oder Demonstrationen, sondern fangen an mit der Umsetzung. Denn die Sonne scheint umsonst und daher ist der Umstieg längerfristig betrachtet günstiger als die fossile Nutzung. Jeder Tag eher, den wir anfangen und weitermachen, spart nicht nur CO2, sondern auch Geld, das wir in der Gesellschaft sinnvoller ausgeben können. PS: Diesen Beitrag habe ich mit Strom aus meiner Balkonsolaranlage verfasst.