Lena Kramer zum Austritt des GJ-Bundesvorstands

Liebe Freund*innen,

der Rücktritt des Grünen Bundesvorstands sowie der Rücktritt und Austritt von GJ-Vorstandsmitgliedern im Bund und in einigen Ländern werden uns sicher auch in der nächsten Zeit beschäftigen. Auch wenn beide Rücktritte in der Presse häufig miteinander in Zusammenhang gebracht wurden, haben sie unterschiedliche Gründe. Während der Parteivorstand nach verlorenen Landtagswahlen Verantwortung übernimmt und den Weg für eine neue Parteispitze freimacht, hat sich der GJ-Vorstand nach eigener Aussage von der gesamten Partei entfremdet.

Der Verlust des Bundesvorstands und einiger Landesvorstände schmerzt die GJ und die Grünen. Wir verlieren damit jahrelang unermüdlich engagierte Mitglieder, die den Jugendverband entscheidend vorangebracht haben. Gerade ihr Einsatz für die Grünen als soziale und an der Seite von Beschäftigten stehende Partei in den letzten Jahren war wichtig. 

Auf der anderen Seite gibt es berechtigte Kritik an ihrem Vorgehen. Während der Amtszeit im Vorstand einer Organisation Vorbereitungen für den Aufbau einer Konkurrenz-Organisation zu treffen, ist nicht richtig. Die eigenen Landesvorstände erst kurz vor Veröffentlichung dieses Schritts zu informieren, ist nicht richtig. Den Verband ohne Vorbereitungen für die nächste Zeit zu hinterlassen, auch nicht.

So wichtig diese Kritik ist: Wenn junge engagierte Menschen, die in Partei- und Verbandsstrukturen lange aktiv waren, enttäuscht hinwerfen und nicht mehr daran glauben, dass die Grünen etwas für ihre Ziele bewirken können – dann muss man das ernst nehmen. Herablassende Kommentare sind fehl am Platz. 

Ich möchte nicht hinnehmen, dass Mitglieder ihren Frust an der aktuellen Situation nicht mehr ertragen können und den Weg des Austritts wählen. Dass der Landesvorstand der Grünen Jugend Bremen bleibt, hat sicher mit einer guten Zusammenarbeit und der landespolitischen Situation in Bremen zu tun. Denn die inhaltliche Kritik an der Bundesregierung und der Bundespartei teilt auch die GJ Bremen, wie ihr Vorstand in ihrem Statement zum Austritt des Bundesvorstand deutlich gemacht hat.

Zwischen 2019 und 2021 gab es auch deswegen eine so große Unterstützung für die Grünen, weil junge Protestbewegungen wie Fridays for Future oder Seebrücke ihre Hoffnung auf Veränderungen in die Grünen gesteckt haben. Während der Corona-Krise kam zudem die Hoffnung auf eine soziale Krisenbewältigung und eine Bekämpfung der Ungleichheit in Deutschland in den Fokus. Der Bundesvorstand der Grünen Jugend empfahl die Zustimmung zum Ampel-Koalitionsvertrag, weil sie darin wichtige Verbesserungen verwirklicht sahen, die sie seit langem forderten. 2024 sieht aufgrund der vielen Krisen und einer zerstrittenen Ampel vieles ganz anders aus, und viele junge Menschen haben kaum noch Hoffnung, dass sich etwas für sie verbessern kann. Bei der Europawahl haben wir gesehen, dass sie ihr Vertrauen lieber Kleinparteien schenken als den Grünen. 

Die Gründe, die die ausgetretenen Vorstandsmitglieder angeben, können sicherlich viele Grüne Mitglieder nachvollziehen: Die Ampel erfüllt die in sie gesetzten Hoffnungen aktuell nicht. Im Gegenteil, sie trägt sogar ganz entgegengesetzte Entwicklungen mit. Das sehen wir bei den Debatten um Migration und den Asylrechtsverschärfungen, bei der Kehrtwende beim Bürgergeld, am Scheitern der Kindergrundsicherung, bei einer Sparpolitik, die uns auch ganz konkret in Bremen trifft. Das haben wir in Lützerath gesehen. Dass die Grünen in der Ampel diese Politik in den meisten Fällen am wenigsten wollen und sich für Verbesserungen einsetzen, ist wichtig zu betonen. Der Frust darüber ist trotzdem verständlich, denn viele (nicht nur junge) Menschen haben nicht das Gefühl, dass den aktuellen Krisen politisch angemessen begegnet wird. 

Als Grüne in Bremen und Teil der Bundespartei können wir unseren Teil dazu beitragen, dass unsere Partei eine Partei der Hoffnung auf Veränderung bleibt. Als Teil eines rot-grün-roten Senats sind wir in einer besseren Ausgangslage als in der Ampel, auch wenn es hier natürlich Konflikte und Schwierigkeiten gibt. Die Bremer Bundesratsinitiativen für das Klimageld oder ein gerechteres Steuersystem sind wichtig, aber auch auf Landes- und Stadtteilebene können wir immer wieder vorangehen und zeigen, dass wir immer noch die Partei sind, in die so viele Menschen ihre Hoffnungen gesetzt haben. Lasst uns daran arbeiten, gemeinsam mit der Grünen Jugend, vielen Bündnispartner*innen, unseren Mitgliedern, aber auch gemeinsam mit vielen Menschen in Bremen und Bremerhaven, die an uns glauben. 

Die „Meinung am Freitag“ (MaF) ist ein Meinungsformat der GRÜNEN im Land Bremen. Sie hat den Zweck, fernab von Veranstaltungen eine Kommentierung politischer, gesellschaftlicher oder parteiinterner Ereignisse zu ermöglichen. Die Beiträge geben stets ausschließlich die persönliche Meinung der Autor*in wieder, nicht die der gesamten Partei.

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