Demokratie schützen und Beteiligung ermöglichen

Beschlossen auf der Landesmitgliederversammlung am 2.3.2024

2024 ist ein Jahr der Wahlen. Am 9. Juni wählen wir nicht nur unsere Vertreter*innen für das Europäische Parlament, sondern in neun Bundesländern auch auf kommunaler Ebene. Die Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen im Herbst werden in vielerlei Hinsicht zu einer weiteren Bewährungsprobe für die Demokratie. Aufstehen und Einmischen für eine vielfältige und tolerante Gesellschaft ist jedoch weit über die Wahltage hinaus notwendig.

Bei den Europawahlen im Juni drohen rechtsnationale politische Kräfte zu erstarken – in Zeiten, in denen wir ein vereintes Europa mehr denn je brauchen, um die Sicherheit des Kontinents zu garantieren sowie gemeinsam gegen die Klimakrise vorzugehen. Bei den Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen droht die AfD stärkste Kraft zu werden. Eine Partei, die nachweislich tief in die rechtsextreme Szene vernetzt ist und in zwei dieser Bundesländer vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft wird. Klar ist: Bei den aktuellen Zahlen kann niemand im September ernsthaft überrascht sein, wenn die AfD als Gewinnerin aus den Wahlen hervorgeht. Deshalb müssen wir jetzt handeln!

Die Recherchen von Correctiv zu dem Geheimtreffen in Potsdam, bei dem unter anderem geplant wurde, Millionen Menschen aus Deutschland zu deportieren, haben nachdrücklich gezeigt, wie weit die Vernetzung der AfD in die rechtsextreme Szene fortgeschritten ist. Im Sinne einer wehrhaften Demokratie, die den Schutz der Grundrechte aller Menschen gewährleisten muss, muss das Gefahrenpotential und die Verfassungsfeindlichkeit dieser Partei ernst genommen werden. Wir sprechen uns daher für die Prüfung eines Parteiverbots der AfD aus. Gleichzeitig ist aber auch klar: Ein solcher Prüfungsprozess wird lange dauern, daher müssen auch niedrigschwelligere rechtsstaatliche Mittel in Betracht gezogen werden. Dazu gehört z.B. ein Verbot der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative.

Rechtsstaatliche Wege können aber nicht die einzige Strategie gegen Rechts sein. Unsere Hauptaufgabe als Partei besteht darin, politisch dagegen zu halten. Wir wollen die Menschen im Wettbewerb der demokratischen Parteien mit unseren Ideen und Vorhaben überzeugen. Der Dissens zwischen demokratischen Parteien gehört zum demokratischen Prozess. Wir wollen eine faktenorientierte und sachliche Debatte führen, um zu verstehen, wo wir in Bremen, in Deutschland und in Europa den Bedürfnissen und Sorgen der Menschen noch besser gerecht werden können. Hierzu wollen wir noch stärker mit Menschen in Bremen sowie Akteur*innen aus Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft in den Austausch gehen. Denn auch wenn die AfD in Bremen aktuell weitgehend bedeutungslos ist und an der Bürgerschaftswahl 2023 nicht teilgenommen hat, sitzt mit Bündnis Deutschland trotzdem eine rechtspopulistische Partei in der Bremischen Bürgerschaft, die in ihrem Programm demokratische Grundsätze wie Gewaltenteilung infrage stellt.

Grüne Politik muss zum Ziel haben, das Leben von Menschen zu verbessern und das Vertrauen in demokratische Prozesse zu stärken. Denn die aktuellen Krisen, die gestiegenen Preise und die damit verbundene Verunsicherung vieler Menschen bieten einen Nährboden für Spaltung, Konkurrenzdenken und damit auch rechtes, rassistisches oder antisemitisches Gedankengut. Unsere Politik setzt auf Zusammenhalt und Gemeinsamkeit, auf Absicherung in unsicheren Zeiten und auf Befähigung von Menschen, sich politisch zu beteiligen. Dazu gehört es auch, für mehr soziale Gerechtigkeit zu sorgen, zum Beispiel durch das vom Bremer Senat eingeforderte Klimageld, einen armutsfesten Mindestlohn von mindestens 14 Euro, oder ein wirklich absicherndes Bürgergeld ohne Sanktionsdruck.

Unsere Partei ist immer offen für Debatten über den richtigen Weg hin zu mehr Gerechtigkeit. Der Diskussion sind jedoch Grenzen gesetzt. Rassistische, antisemitische, queer- und frauenfeindliche Äußerungen sowie das Zeigen rechtsradikaler Symbole sind keine Meinungen. Um die Erinnerung an die Verbrechen der NS-Diktatur und ihre Folgen wach zu halten, setzen wir uns für eine erinnerungskulturelle Strategie für das Land Bremen ein. Wir haben sowohl in den USA als auch bei unseren polnischen Nachbar*innen gesehen, dass sich die Maßnahmen rechtsnationale Regierungen immer zuerst gegen gesellschaftliche Minderheiten und Frauen richten. Diesen Gruppen gilt stets unsere uneingeschränkte Solidarität. Ebenso erteilen wir einer Stimmungsmache auf dem Rücken gesellschaftlich und wirtschaftlich benachteiligter Gruppen eine klare Absage. Wir werden uns nicht an Scheindebatten beteiligen, die sich in populistischer Weise z.B. auf Asylbewerber*innen, Alleinerziehende, Migrantisierte und Arbeitssuchende konzentrieren.

Die Demonstrationen der letzten Wochen, bei denen hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen sind, haben gezeigt: Wir sind mehr! Die AfD vertritt keineswegs – wie gerne behauptet – die schweigende Mehrheit der Gesellschaft. Demonstrationen sind wichtige Instrumente der Demokratie, sie senden Signale an die Politik und schaffen ein Gemeinschaftsgefühl, aus dem im besten Fall nachhaltiges Engagement erwächst. Hier wollen wir als grüner Landesverband unsere Mitglieder motivieren, selbst aktiv zu werden und sie in ihrer politischen Arbeit unterstützen. Darüber hinaus werden wir im Vorfeld der Europawahl in möglichst vielen Stadtteilen in Bremen und Bremerhaven aktiv Wahlkampf machen und die drei Grünen Landesverbände in Ostdeutschland im Rahmen unserer Möglichkeiten beim Wahlkampf unterstützen. Dabei wollen wir auch Workshops zum Thema “Argumentieren gegen Rechts” anbieten”.

Wählen ist die direkteste Form der demokratischen Mitbestimmung. Dennoch haben bei der letzten Bürgerschaftswahl nur 56,9% der Wähler*innen von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Unser Ziel bleibt die Absenkung des Wahlalters auf 14 Jahre, um jungen Menschen eine Stimme zu geben und sie zu befähigen, ihr demokratisches Recht so früh wie möglich wahrzunehmen. Außerdem muss Wählen barrierefreier werden. Wahlinformationen müssen standardmäßig mehrsprachig zur Verfügung stehen.

Um sich aktiv an politischen und gesellschaftlichen Prozessen beteiligen zu können, bedarf es auch eines Verständnisses der eigenen Handlungsmöglichkeiten. Hier kommt der politischen Bildung eine besondere Bedeutung zu. Politische Bildung ermöglicht Beteiligung und stützt unsere Demokratie. Wir brauchen Debattenräume – auch außerhalb der Schule – um Bürger*innen aller Altersgruppen Diskussionen und Meinungsbildung sowie das selber aktiv werden zu ermöglichen. Die Landeszentrale für politische Bildung, sowie politische Stiftungen und Verbände sind hier wichtige Partnerinnen. Um viele junge Menschen zu erreichen, das Demokratiebewusstsein zu stärken und eine bürger*innenrechtsbewusste Haltung aufzubauen, wollen wir eine intensivere Zusammenarbeit der Landeszentrale für politische Bildung mit Schulen, Jugendverbänden und Jugendfreizeitzentren erreichen. Die außerschulische politische Bildung und Partizipation wollen wir finanziell und strukturell stärken. Um die politische Weiterbildung auch im Berufsleben zu stärken, wollen wir für Vortragsreihen, Kongresse und Tagungen, die Anerkennung nach dem Bremischen Bildungszeitgesetz erleichtern. Eine Verbesserung der allgemeinen Kenntnisse über die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Bildungsurlaub ist ebenfalls unabdingbar. Wir alle sind Multiplikator*innen der demokratischen Gesellschaft und jetzt gefragt, unsere Demokratie zu verteidigen.

Die Demokratie zu schützen, den bestehenden Bedrohungen entgegenzutreten und für eine widerstandsfähige Gesellschaft zu streiten, heißt für uns als Bremer Landesverband von Bündnis 90/Die Grünen daher ganz konkret:

  • Wir sprechen uns für die Prüfung eines AfD-Verbotsverfahrens aus.
  • Wir schaffen konkrete Diskussions-Angebote in Bremen, um mit Parteimitgliedern, Bündnispartner*innen und der breiteren Gesellschaft ins Gespräch zu kommen und demokratische Netzwerke auf- und auszubauen
  • Wir unterstützen weiterhin Demonstrationen, die sich gegen Rechtsextremismus richten.
  • Wir unterstützen und fördern die aktive politische Arbeit unserer Mitglieder durch z.B. niedrigschwellige Gesprächsangebote oder das Vielfalt-Mentoring-Programm.
  • Wir wollen allen Menschen auch außerhalb der Schule gute historische und politische Bildung ermöglichen, indem wir Projekte gezielt finanziell fördern und die Anerkennung von Bildungszeiten erleichtern.
  • Die deutschlandweite Zunahme rechter, rassistischer und antisemitisch motivierter Gewalt zeigt: die im Koalitionsvertrag vereinbarte erinnerungskulturelle Strategie für das Land Bremen muss höchste Priorität haben. Die Erinnerung an die Verbrechen der NS-Diktatur und das Versprechen von „Nie Wieder!“ müssen wachgehalten werden.
  • Wir machen gemeinsamen engagierten Europawahlkampf in Bremens und Bremerhavens Stadtteilen.
  • Wir werden die Grünen ostdeutschen Landesverbände im Rahmen unserer Kapazitäten beim Wahlkampf unterstützen. Dazu koordinieren Landesvorstand und Landesgeschäftsstelle den Kontakt in diese Landesverbände und informieren über Termine für gemeinsame Wahlkampf-Ausflüge.