Kommentar von Helga Trüpel: „Ohne Angst verschieden sein!“ 8. April 2021 Als Grüne haben wir uns immer gegen Rassismus, Diskriminierung und Beleidigung von Minderheiten eingesetzt. Wir sind immer für gleiche Rechte für Migranten, Schwule und Lesben und Queers eingetreten und für Frauengleichstellung. Wir wollten und wollen eine Gesellschaft, in der Menschen ohne Angst verschieden sein können! Es geht um den positiven Umgang mit Differenz, es geht um die Aufarbeitung des Kolonialismus, wir treten ein gegen Antisemitismus und Islamophobie. Wir streiten für eine offene, plurale, vielfältige Gesellschaft, für offenen Dialog und eine lebendige Streitkultur. Wir sind selbstbewusste grüne Frauen und Männer, die den Wert der Quote gelebt haben und zeigen, wie viele starke Politikerinnen die Grünen haben. Wir haben uns immer gegen rechte Identitätspolitik eingesetzt, sind den Pegida-Aufmärschen entschieden entgegengetreten. Wir haben Hanau und den NSU entschieden verurteilt und wir bekämpfen den Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft. Aber wir sollten in Bezug auf Übertreibungen in unseren Milieus und Communities auch selbstkritisch sein. Denn auch eine linke Politik der Selbstermächtigung kann in neue Unfreiheit umschlagen, wie wir jetzt sehen. Wenn z.B. das Gedicht der schwarzen Lyrikerin Gorman von einer weißen, nicht binären Frau nicht mehr ins Niederländische übersetzt werden soll, hat das mit einer lebendigen, freiheitlichen Kultur nichts mehr zu tun. Ich fand die Entschuldigung der grünen Berliner Spitzenkandidatin, Bettina Jarasch, für ihren Kindheitswunsch, Indianerhäuptling werden zu wollen und dieses Wort auch noch aus dem Netz zu löschen, nicht richtig. Kindheitserinnerungen müssen in ihrem Kontext gesehen werden. Wir Grüne stehen für die berechtigten Interessen der LGBTQI -Bewegung und wollen ihre völlige rechtliche Gleichstellung. Aber wir stehen für Kunstfreiheit und eine offene Debattenkultur, auch an unseren Universitäten und Hochschulen und in unseren Kultureinrichtungen. Ich will einen offenen Dialog, wie wir Kolonialismus verlernen können, was gelebte kulturelle Vielfalt bedeutet, wie eine Ästhetik der Nachhaltigkeit den Transformationsprozess zu einer klimaneutralen Gesellschaft begleiten kann. Ich will keine selbst ernannte Avantgarde, die allen Regeln vorschreibt, was übersetzt, gemalt oder geschrieben werden darf. Nicht, wer etwas sagt, sondern was eine sagt, ist der Maßstab in unseren Auseinandersetzungen. Ich streite für hohe Sensibilität gegen Diskriminierungen jeder Art und für eine lebendige Debattenkultur auf Augenhöhe.