Helga Trüpel meint, Europäische Solidarität muss jetzt zählen! 2. April 2020 Die Corona-Krise hat mit ihrer erstarkenden nationalen und in Ungarn sogar nationalistischen Schutzpolitik die Gefahren für den Zusammenhalt in der Europäischen Union deutlich gemacht. Zusammenhalt und Solidarität muss man politisch wollen und umsetzen, automatisch passiert das nicht. Schon gar nicht in einer Krise, die nationale Reflexe nach Sicherheit auslöst. Umso mehr stellt sich jetzt die Frage, wo überall wieder Grenzkontrollen zum Schutz der BürgerInnen vor der weiteren Verbreitung und Ansteckung durch das Corona -Virus hochgezogen werden, was die EU liefern muss, um ein starker politischer Akuter zum Nutzen von uns europäischen BürgerInnen zu sein. Das beginnt mit der Erkenntnis, dass der Binnenmarkt viele Vorteile hat, und um funktionieren zu können, auch die Ausübung der Arbeit über die Grenzen hinweg braucht. Ein Beispiel: die Gesundheitsversorgung in den Krankenhäusern in Luxemburg würde ohne die Arbeit des Pflegepersonals aus den angrenzenden Ländern nicht funktionieren. Bei der Güterabwägung zwischen Schutz vor weiteren Infektionen und Funktionieren des Gesundheitssystems sollten wir das nicht vergessen. Reine Abschottung kann nicht die Lösung sein, auch nicht bei aller gebotenen Vorsicht. Es ist richtig, dass die Länder Hilfe für betroffene Covid 19 -Patienten über die Grenzen hinweg leisten und z.B. französische Patienten in Baden-Württemberg behandelt werden. Die EU muss finanzpolitisch handlungsfähiger werden. Um zu vermeiden, dass z.B. Italien oder durch die Corona Krise in unerschwingliche Risikoaufschläge bei den Banken getrieben wird, muss es gemeinsame europäische Anleihen geben. Die Idee der Corona-Bonds, die gemeinsame Kreditaufnahme ermöglichen, ohne eine Vergemeinschaftung der Altschulden, ist ein richtiger Schritt jetzt zu mehr gelebter Solidarität in Europa. Ohne diesen gemeinsamen Handlungswillen wird die EU weiter in eine nationale Logik zurückfallen und damit mehr Akzeptanz einbüßen. Die nötige Solidarität muss aber auch für Flüchtlinge in den griechischen Flüchtlingslagern walten. Eine Infektion mit dem Corona- Virus wäre für die Betroffenen katastrophal. Darum gilt auch in einer Krise, die uns alle durchschüttelt, die griechischen Inseln müssen evakuiert werden. Vor allem müssen die Kinder und unbegleiteten Jugendlichen in die EU geholt und geschützt werden. Auch das ist europäische Solidarität und humanitäre Verpflichtung. Helga Trüpel Vorsitzende Europa-Union Bremen