Positionspapier zur Lage in Afghanistan: „Wir fordern sichere Fluchtwege für afghanische Zivilist*innen und Ortskräfte!“ 18. August 2021 Positionspapier von der Landesarbeitsgemeinschaft Flucht und Migration, dem Landesvorstand BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bremen, der Bundestagsabgeordneten Dr. Kirsten Kappert-Gonther sowie der Grünen Jugend Wir fordern sichere Fluchtwege für afghanische Zivilist*innen und Ortskräfte! In den vergangenen Wochen haben die Taliban fast ganz Afghanistan unter ihre Kontrolle gebracht. Selbst die Hauptstadt Kabul ist nun in ihrer Gewalt. Damit werden in diesen Momenten die Machtübernahme und der Umbau Afghanistans in einen autoritären radikal-islamistischen Staat vorbereitet und vollzogen. In den letzten Tagen eskalierte dementsprechend die Situation vor Ort. Die Menschen in Afghanistan wurden von der internationalen Gemeinschaft alleine gelassen: ohne Schutz vor Ort sowie ohne angemessene Unterstützung zur legalen Flucht durch die Vereinigten Staaten, Deutschland und andere westliche Ländern, die am Afghanistaneinsatz der letzten 20 Jahre beteiligt waren. So kam es am Montag, den 16. August 2021 zu einer Eskalation am Kabul International Airport, bei welcher afghanische Zivilist*innen und auch Staatsbürger*innen anderer Länder bei dem Versuch, Afghanistan zu verlassen, zu Tode gekommen sind: Sie hingen sich aus Verzweiflung an startende Flugzeuge und stürzten nach dem Abheben in die Tiefe. Das Verhalten der Bundesregierung ist verantwortungslos, beschämend und durch Nichts zu entschuldigen! Denn die Warnungen von internationalen NGOs und Menschenrechtler*innen waren seit Monaten bekannt. So macht das Botschaftspersonal schon seit Wochen unter Angst um das eigene Leben auf den Ansturm der Taliban aufmerksam. Bereits am 23. Juni legte die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Antrag zur Evakuierung der afghanischen Ortskräfte vor. Die Bundesregierung aus Union und SPD, lehnte den Antrag allerdings ab. Außenminister Heiko Maas erklärte noch im Juni, er halte eine Machtübernahme der Taliban für ausgeschlossen. Eine fatale Fehleinschätzung! Besonders durch das Taliban-Regime bedroht sind Mädchen*, Frauen*, Frauen*rechtler*innen, LGBTIQ* Personen, Demokrat*innen, Künstler*innen, aber auch viele Weitere, für die in der menschenverachtenden Ideologie der Taliban nur Verachtung und Tod übrig bleiben. Im öffentlichen Diskurs hierzulande zwar selten erwähnt, aber auch in einem hohen Maße gefährdet sind Menschen, die von Europa nach Afghanistan abgeschoben wurden. Sie werden von den Taliban als Verräter*innen und Ungläubige gesehen und dementsprechend verfolgt. Gefährdet sind aber auch Ortskräfte, wie z.B. Dolmetscher*innen des deutschen Einsatzes in Afghanistan, denen man zwar Schutz versprochen hat, die aber zum großen Teil trotzdem kein Asyl erhalten haben; so zum Beispiel dann, wenn sie nur indirekt bei der Bundeswehr oder ähnlichen Institutionen angestellt waren oder wenn ihre Unterstützung für die Bundeswehr schon länger als 2018 zurückliegt. Das wird der Verantwortung für diese Menschen, die die Bundesregierung mit ihrem langjährigen Einsatz in Afghanistan, auch für diese Menschen übernommen hat, nicht gerecht. Die deutsche Bundesregierung muss jetzt sofort handeln! Wir können nicht weiter zulassen, dass Menschen in Afghanistan – ohne die Möglichkeit, in einem sicheren Land Asyl zu beantragen – den Taliban hilflos ausgeliefert sind. Anstatt dass Bundesministerien mit dem Finger aufeinander zeigen und sich gegenseitig die Verantwortung zuschieben, muss Deutschland Schutzbedürftigen jetzt unbürokratisch und vollumfänglich helfen. Dafür tragen wir eine politische und moralische Verantwortung. Wer jetzt aber wie Unionspolitiker mit Sätzen, dass sich 2015 nicht wiederholen dürfe, wiederholt die Flanke nach rechts öffnet, um Ängste zu schüren und vor dem außenpolitischen Desaster der eigenen Bundesregierung abzulenken, hat sich vom Pfad der Vernunft verabschiedet und betreibt billigen Populismus auf Kosten der Betroffenen. Die bremische Integrationssenatorin Anja Stahmann machte am Montag in einem Interview mit Buten und Binnen deutlich, wo Bremen steht: „Jetzt geht es um die Rettung von Menschen, die in Lebensgefahr sind, weil sie uns vor Ort unterstützt haben.“ Wir, die Landesarbeitsgemeinschaft Flucht und Migration, der Landesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bremen sowie die Bundestagsabgeordnete Dr. Kirsten Kappert-Gonther und die Grüne Jugend wollen unverzüglich ins Handeln kommen. Deshalb schließen wir uns den Forderungen der Luftbrücken-Kampagne– sowie dem Aufruf Abgeordneten zu schreiben, um zivilgesellschaftlich Druck zu machen an und fordern außerdem: die sofortige unbürokratische Evakuierung aller Ortskräfte und Partner*innen der Bundesregierung ein Aufnahmeprogramm für alle Afghan*innen, die sich in den letzten Jahren für Frauenrechte, Demokratie und eine freie Gesellschaft eingesetzt haben. ein zusätzliches Aufnahmeprogramm in Kooperation mit dem UNHCR für unbegleitete minderjährige afghanische Mädchen* und Frauen* aus Afghanistan und den umliegenden Staaten gesicherte und legale Wege für alle Menschen, die vor den Taliban fliehen müssen eine Aufenthaltssicherung für alle Menschen afghanischer Staatsangehörigkeit, die in Deutschland leben Es liegt nun an uns – und damit meinen wir alle Demokrat*innen und all diejenigen, die an den allgemeingültigen Menschenrechten festhalten wollen, diese lautstark einzufordern. Wir haben Platz! Wir wollen Afghan*innen und Staatenlose, die vor den Taliban fliehen bei uns aufnehmen! Wir wollen sichere Luftbrücken und ein für allemal ein Ende der europäischen Abschottungspolitik! #Luftbrücke #WirHabenPlatz #SolidarityWithAfghanistan #LeaveNoOneBehind