Bündnis 90/Die Grünen Bremen lehnen die Pläne der Bundesregierung ab, sogenannte verpflichtende Grenzverfahren unter haftähnlichen Bedingungen für Asylsuchende einzuführen, im Rahmen des EU-Asyl- und Migrationspakts die Rechte schutzsuchender Menschen massiv einzuschränken und anderen EU-Staaten wie Ungarn zusätzliche Möglichkeiten für Asylrechtsaushöhlung zu ermöglichen.
Bremen hat im vergangenen Jahr eine große Anzahl von Geflüchteten aus der Ukraine sowie aus anderen Konflikt- und Krisenregionen willkommen geheißen, aufgenommen und versorgt. Dies war eine bedeutende humanitäre Leistung sowohl der Zivilgesellschaft als auch der bremischen Verwaltung. Um unsere Aufgabe der Unterbringung und Versorgung schutzsuchender Menschen angemessen erfüllen zu können, benötigen wir weitere finanzielle Unterstützung seitens des Bundes. Anstatt jedoch ihren humanitären Verpflichtungen gegenüber den Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, nachzukommen und die Länder angemessen finanziell zu unterstützen, verhandelt die Bundesregierung auf EU-Ebene in Richtung einer massiveren Einschränkung des Asylrechts als beim sogenannten Asylkompromiss von 1993, da EU-Verordnungen auch in Deutschland unmittelbar Anwendung finden müssen.
Die derzeit auf EU-Ebene diskutierte Asylverfahrens-Verordnung sieht Grenzverfahren unter Haftbedingungen vor. Dabei handelt es sich nicht um rechtsstaatliche Asylverfahren, sondern hauptsächlich um Schnellverfahren und Zulässigkeitsprüfungen, bei denen zahlreiche Schutzsuchende ohne eingehende Prüfung ihrer Asylgründe schnell abgeschoben werden können. Dies führt weder zu mehr Humanität noch zu mehr Ordnung, sondern zu weiterer Gewalt an den EU-Außengrenzen. Bremen wäre auch direkt betroffen, da die Grenzverfahren für alle Schutzsuchenden aus Ländern mit einer Anerkennungsquote von unter 15 % verpflichtend würden. Dies würde auch Asylsuchende in Bremen betreffen, die in Haftlagern untergebracht werden müssten. Das Ankunftszentrum in Bremen-Vegesack (Lindenstr.) würde so wahrscheinlich zu einer Art AnkERzentrum mit teilweiser Haftunterbringung werden. Zudem würden viele mühsam erarbeitete Verbesserungen bei den Asylverfahren durch die Asylverfahrensverordnung zunichte gemacht. Geplante Verbesserungen, die im Koalitionsvertrag vorgesehen sind, wie die Möglichkeit zum Spurwechsel, wären mangels Vereinbarkeit mit dem dann neuen EU-Recht nicht mehr möglich.
Wir lehnen die Verhandlungsposition der Bundesregierung entschieden ab und fordern die Bundesregierung auf, ihre Position zu ändern und eine gemeinsame Position auf Grundlage des Koalitionsvertrags in Brüssel zu vertreten. Nachverhandlungen sind dringend erforderlich, da die geplanten Ausweitungen sicherer Dritt- und Herkunftsstaaten sowie die Verschärfung der Dublin-Regelungen – beispielsweise mit einer Überstellungsfrist von 3 Jahren – zu einer weitreichenden Aushöhlung des Rechts auf Asyl sowie der Genfer Flüchtlingskonvention führen würden. Damit wären auch die Möglichkeiten Bremens, Asylsuchende menschenwürdig unterzubringen und faire, rechtsstaatliche und menschenrechtlich einwandfreie Verfahren zu ermöglichen, ernsthaft gefährdet.
Wir fordern die Bundesregierung daher nachdrücklich auf, ihre Verhandlungsposition zu ändern und sich für Verbesserungen des Asylsystems einzusetzen. Die Rechte Geflüchteter müssen gewahrt bleiben. Es liegen bereits einige Verordnungen auf dem Tisch, wie beispielsweise die Aufnahmerichtlinie oder die Qualifikationsrichtlinie, die das Asylsystem verbessern könnten. Jedoch muss der Plan, im Rahmen des Justiz- und Innenrates der EU am 8./9. Juni 2023 oder des EU-Rates am 29./30. Juni 2023 die Asylverfahrensverordnung oder weitere Asylrechtsverschärfungen zu beschließen, auf eine Ablehnung Deutschlands stoßen. Bisher liegt keine öffentliche Folgenabschätzung vor und es gibt kaum öffentliche Diskussionen über die umfassenden Pläne der 7 Verordnungen sowie keine Simulationen darüber, wie sich die Asylverfahrensverordnung in der Praxis auswirken würde.
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