Das Corona-Virus macht keinen Halt vor Grenzen und Nationalstaaten. Nationale Grenzen, die Menschen trennen statt verbinden, werden in diesen Tagen für Paare, Familien und Berufstätige umso sicht- und spürbarer. Grenzkontrollen waren als all erste Reaktion zur Eindämmung der Corona-Pandemie für einen gewissen Zeitraum nachvollziehbar. Nach der raschen Schließung der Grenzen muss es nun einen Stufenplan zurück zum funktionierenden Schengen-Raum geben.
Dies muss immer unter der Prämisse des sicheren Umgangs mit der Pandemie stehen; die Zahl der Neuinfektionen muss auch weiterhin so niedrig wie möglich bleiben. Wir erwarten, dass Kanzlerin Merkel gemeinsam mit den Ministerpräsident*innen der Länder ein Verfahren bespricht, welches die schnellstmögliche Öffnung der Grenzen voranbringt.
Für uns BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN ist klar, dass wir in der Krise mehr Europa brauchen. Gerade jetzt profitieren alle europäischen Staaten von einer intensiveren Zusammenarbeit der Bekämpfung des Virus und der wirtschaftlichen Folgen. Wir werden nur gemeinsam gut aus der Corona-Krise kommen!
Offene Grenzen gehören zu den größten Errungenschaften der Europäischen Union – sie waren Teil unseres Alltags und müssen es auch wieder sein. Grenzkontrollen innerhalb Europas sind daher zurecht als Ausnahmefall klaren Regeln unterworfen. Deshalb müssen zwischen dem Bund, den Bundesländern und den Nachbarstaaten harmonisierte Regeln zum Grenzübertritt abgestimmt werden. Dabei kann auch die regionale Infektionslage berücksichtigt werden. Auf europäischer Ebene muss regelmäßig die Notwendigkeit von Grenzkontrollen evaluiert werden, denn: Das Europäische Schengen-Abkommen darf nicht weiter ausgehebelt werden.
Vereinfachungen für Familien und Lebenspartner*innen
Lebenspartner*innen sollten sich grenzüberschreitend und ohne pauschale Quarantäne besuchen können – auch dann, wenn es sich nicht um eine eingetragene Partnerschaft oder Ehe handelt. Der Besuch der eigenen Kinder sollte problemlos möglich sein und hilfsbedürftige nahe Verwandte besucht werden können. Der Besuch von Familienmitgliedern innerhalb der Europäischen Union und des Schengenraums muss durch eine europäische Regelung vereinfacht werden.
Eine solche Besuchsmöglichkeit ist mit Blick auf die psychische Gesundheit der Bürger*innen geboten. Innerhalb Deutschlands zählt der Besuch der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners schon jetzt zu den triftigen Gründen, die eine Reise bzw. das Verlassen der eigenen Wohnung rechtfertigen. Die bis jetzt von den einzelnen Staaten getroffenen Regelungen unterscheiden sich deutlich. Teils ist die Einreise zum Zweck des Besuchs der Lebenspartnerin oder des Lebenspartner ganz verwehrt, teils nur bei eingetragenen Partnerschaften oder Ehen möglich.
Vereinfachungen für Grenzpendler*innen und Beratungsangebote stärken
Das Pendeln über die Grenze gehört zur Lebensrealität der in Grenzregionen lebenden Menschen. Vor allem die Berufspendler*innen sind auf einen schnellen und problemlosen Grenzübertritt angewiesen. Ihnen dürfen durch neue Regelungen keine Nachteile entstehen, bestehende Hürden müssen beseitigt und ein ungehinderter Grenzübertritt ermöglicht werden. Die aufkommende Wirtschaftskrise wird Grenzpendler*innen besonders hart treffen. Pendler*innen verlieren oft als Erste ihren Arbeitsplatz. Um ihnen bestmögliche Perspektiven und Absicherung zu geben, wollen wir die Beratungsstellen stärken.
Wiederaufnahme des grenzüberschreitenden Rettungswesens.
Die Einstellung grenzüberschreitender Rettungsdienste ist ein fatales Zeichen. Eine gesicherte Notfallversorgung ist essentiell – gerade dieser Bereich war ein vorbildliches Beispiel für europäische Zusammenarbeit. Vor allem in ländlichen Gebieten muss Hilfe schnell und unkompliziert geleistet werden, ganz egal, auf welcher Seite der Grenze der nächste Krankenwagen steht oder das nächste Krankenhaus liegt.
Gerade in Krisenzeiten sollte eine grenzüberschreitende Notfallversorgung eher forciert und ausgebaut statt eingestellt werden. Grenzüberschreitende Rettungsdienste müssen ihre Arbeit daher schnellstmöglich wieder aufnehmen, bestehende Probleme beim Grenzübertritt müssen unbürokratisch gelöst werden.
Flächendeckende Öffnung der Grenze für Bewohner*innen der angrenzenden Kreise und Städte
Menschen, die in einem Landkreis oder einer Stadt, die direkt an einer nationalen Grenze liegt, wohnen, sind von Grenzschließungen am meisten betroffen (z.B. Flensburg/Padborg, Konstanz/Kreuzlingen, Frankfurt (Oder)/Słubice oder Berchtesgaden/Salzburg). Gerade in Grenzregionen mit geringen Infektionszahlen auf beiden Seiten der Grenze sollte die Grenze für Einwohner*innen der Grenzregionen als erstes geöffnet werden, so wie es die Europäische Kommission vorgeschlagen hat.
Die Landesvorstandsprecher*innen Alexandra Werwath und Florian Pfeffer von Bündnis 90/DIE GRÜNEN in Bremen kommentieren:
„Familienmitglieder, die nicht im selben EU-Mitgliedsstaat wohnen, können sich seit Beginn der Corona-Eindämmungsmaßnahmen nicht mehr treffen. Darunter leidet die ganze Familie, besonders aber viele minderjährige Kinder ebenso wie hilfsbedürftige Menschen, die bislang grenzübergreifend unterstützt wurden. Das muss ein Ende haben! Denn offene Grenzen gehören zu den größten Errungenschaften der Europäischen Union. Wir müssen den europäischen Gedanken gerade jetzt unbedingt im Blick behalten. Wir fordern deswegen mit unseren GRÜNEN Kolleg*innen, die Grenzen innerhalb Europas zu öffnen und damit ein grenzüberschreitendes Zusammenleben wieder zu ermöglichen!“

Unterzeichner*innen:
- Steffen Regis und Anna Tranziska, Landesvorsitzende*r Schleswig-Holstein
- Anna Cavazzini und Rasmus Andresen, MdEP
- Katharina Schulze, MdL Fraktionsvorsitzende Bayern
- Florian Siekmann, MdL Europapolitischer Sprecher Bayern
- Eike Hallitzky, Landesvorsitzender Bayern
- Nina Stahr, Landesvorsitzende Berlin
- Alexandra Werwath und Florian Pfeffer, Landesvorsitzende*r Bremen
- Ulrike Berger und Claudia Schulz, Landesvorsitzende Mecklenburg-Vorpommern
- Bernhard Stengele, Landessprecher Thüringen
- Anne Kura, Landesvorsitzende Niedersachsen
- Christin Furtenbacher, Landesvorsitzende Sachsen
- Norman Volger, Landesvorsitzender Sachsen
- Lucie Hammecke, MdL Europapolitische Sprecherin Sachsen
- Hanso Janßen, Landesvorsitzender Niedersachsen
- Misbah Khan und Josef Winkler, Landesvorsitzende Rheinland-Pfalz
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