Der Bauausschuss des Beirats Mitte hat sich am Montagabend ohne Gegenstimme dafür ausgesprochen, das ‚Arisierungs‘-Mahnmal an den Weser-Arkaden statt an der Schlachte zu realisieren. Damit ist eine entscheidende Hürde für den Alternativstandort genommen. Die Grünen-Fraktion unterstützt den Beschluss. Der Standort am Tiefer hat viele Vorteile, so die kulturpolitische Sprecherin Kai Wargalla, aber im Gegensatz zur Schlachte keine Nachteile: „Ich bin dem Beirat Mitte für dieses parteiübergreifend eindeutige Votum sehr dankbar. Das ist ein klarer Auftrag, das Mahnmal an den Weser-Arkaden zu errichten. An der Schlachte ist immer viel Trubel, oft geprägt durch kommerzielle Events. Die Weser-Arkaden am Tiefer sind deutlich ruhiger und gleichzeitig ist der Standort sehr prägnant. Dadurch wird ein würdiges Gedenken viel besser ermöglicht. Im Gegensatz zur Schlachte lässt sich der Mahnmal-Entwurf am Tiefer außerdem ohne künstlerische Abstriche umsetzen und kann so seine ganze ästhetische Wirkung entfalten. Die Standortfrage noch einmal genau abzuwägen, hat sich trotz des Zeitverlustes im Sinne der bestmöglichen Lösung als der richtige Weg herausgestellt.“
Das geplante Mahnmal von Künstler*in Evin Oettingshausen erinnert an die wirtschaftliche Dimension des Holocaust, die Beraubung und Existenzvernichtung von Jüd*innen. Hauptprofiteur der sog. ‚Aktion M’ war Kühne + Nagel. Das Logistikunternehmen mit Sitz unweit der Weser-Arkaden hat geraubte Möbel von jüdischen Deportierten durch Europa transportiert und an der sog. ‚Arisierung’ verdient. Aber auch andere Unternehmen, das Bremer Finanzamt und viele Bremer*innen haben von der Beraubung der Jüd*innen profitiert. Die Koalition hatte sich zunächst auf die Schlachte als Standort für das Mahnmal verständigt. Die Mahnmal-Initiator*innen und die Jüdische Gemeinde hatten allerdings um die Prüfung der Weser-Arkaden als Alternativstandort gebeten. Die Grünen-Fraktion hat diesen Wunsch unterstützt. Ein Gutachten zeigt die klaren Vorteile auf. Neben der würdigeren Umgebung zum Gedenken und besseren Bedingungen für die künstlerische Umsetzung fallen auch die Kosten am Alternativstandort um knapp 400.000 Euro geringer aus.
„Bremen hat beim massenhaften systematischen Raub jüdischen Eigentums, sowie dessen Abtransport und Verwertung eine tragende Rolle gespielt. Wir müssen diesen grausamen Teil unserer Geschichte immer wieder erinnern und sichtbar machen. Und wir müssen daraus Lehren ziehen. Das ist gerade angesichts des weit verbreiteten Antisemitismus, sowie des grassierenden Rechtspopulismus und Rechtsextremismus eine Aufgabe für alle Demokrat*innen“, betont Kai Wargalla abschließend.
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