David Lukaßen: Zu den Eckpunkten des Haushalts

Die Koalition hat in den letzten Monaten hart miteinander gerungen und in fordernden Zeiten Eckpunkte für den Haushalt beschlossen. Am Dienstag vergangene Woche wurde auf der Grundlage im Senat das weitere Aufstellungsverfahren für den Haushalt auf den Weg gebracht. Das war und ist alles andere als eine einfache Aufgabe. Und das in die konkreten Haushalte der Ressorts zu übersetzen und auszuarbeiten, wird für alle Beteiligten eine weitere Kraftanstrengung. Da kann und sollte man erst einmal allen Danke sagen. Wie so oft ist der Haushalt leider etwas, was angesichts der Bedeutung für unser Land und seine beiden Städte kaum wahrgenommen und diskutiert wird.

Mit Blick auf die Eckpunkte, die verkündet wurden, muss ich leider sagen, sie überzeugen mich nicht in Gänze. Einmal mehr können wir die aktuellen Herausforderungen irgendwie lösen, trauen uns aber nicht an wichtige Weichenstellungen und verlieren uns in Kompromissen als Koalition.

Wir haben als Bündnis 90 / Die Grünen in den letzten Jahren eine Reform der Schuldenbremse eingefordert. Die ist jetzt gemeinsam mit vielen zusätzlichen Milliarden beschlossen worden. Sicher anders, als es unsere Vorstellung war, aber in der Form wie es in Deutschland zu dem Zeitpunkt Mehrheiten gab, ein Kompromiss und einen anderen wird es absehbar nicht geben. Und es beginnt auch leider bereits die kreative Haushaltsführung und teilweise dreiste Verplanung der Mittel für allerlei, wofür es eigentlich nie gedacht war. Durch die Grundgesetzänderung und die Beschlüsse sind aber so oder so neue Spielräume entstanden, die wir für die dringenden Transformationsprozesse nutzen sollten. Stattdessen drängt sich mir leider der Eindruck auf, dass wir damit Löcher im Haushalt stopfen und einmal mehr harte Entscheidungen verschieben. Dinge wir die Freikarte, das Stadtmusikantenhaus, die Liste ließe sich mit Projekten aller drei Koalitionspartner fortsetzen, werden leicht angepasst oder laufen doch schlicht weiter. Echte strukturelle Entscheidungen im Bereich der Sozialleistungen, von freiwilligen Leistungen oder großen Projekten gehen wir nicht an. Sicher, dazu finden sich Aussagen in den Beschlüssen, aber die werden oft gleich wieder relativiert oder stellen bei genauerer Betrachtung nur kleine Änderungen dar.

Vor dem Hintergrund beschließen wir auf der anderen Seite die Erhöhung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich bei den Beamtinnen und Beamten von 40 auf 41 Wochenstunden.

Um es deutlich zu sagen, ich bin selbst Beamter, also betroffen. Und ich kenne die 41 Stunden auch schon von einer 6-monatigen Tätigkeit im Bundesfamilienministerium.

Bei all den Sachen, die wir uns nicht getraut haben, hier beschließt die Koalition ein deutliches Zeichen. Und finanziell werden die meisten Beamtinnen und Beamten es verkraften. Für all die Fragen, die man jetzt stellen kann und muss – was bedeutet das für bestehende Tätigkeit in Teilzeit und deren Anpassung, die individuelle Betreuungssituation von Eltern und anderes – wird man Lösung finden. Die haben auch andere gefunden. Und ja, andere machen das auch schon. Hier sollte man dann allerdings auch auf die dortige Vergütung und Angebote neben dem eigentlichen „Gehalt“ schauen, wenn es ein ehrlicher Vergleich jenseits der reinen Arbeitszeit auf dem Papier sein soll.

Was damit aber einhergeht, ist ein deutlicher Abfall bei der Motivation der Beamtinnen und Beamten. Viele sehen, was man sich auf der anderen Seite eben nicht traut. Man kennt die Beispiele aus der eigenen Tätigkeit. Ob das auf einem Arbeitskräftemarkt, wo viele heute schon schauen, ob eine Tätigkeit im niedersächsischen Umland nicht attraktiver ist, eine kluge Entscheidung ist, da habe ich große Zweifel. Und in Mangelbereichen, wie bei Ärztinnen und Ärzte für das Gesundheitsamt oder das Amt für Versorgung und Integration, wo wir schon Zulagen gewähren müssen, wird es noch schwieriger. Zusätzlich mit all den Problemen in der Verwaltung, die oft kämpfen muss, überhaupt eine gute Verwaltung 1.0 zu sein (von 2.0 oder höherem ganz zu schweigen), wird das Land Bremen weniger attraktiv als Arbeitgeber.

Begründet wird es damit, vereinfacht gesagt, so Beschäftigungsvolumen rechnerisch einzusparen. Zusätzlich zum ohnehin beschlossen Abbaupfad beim Personal will man so sparen. Hier würde ich ein großes Fragezeichen machen. Sehr viele Beschäftigte haben schon deutliche Plusstunden auf ihren Arbeitszeitkonten. Das ist oft gar nicht so viel anders, als bei den oft diskutierten hohen Überstunden bei Polizei oder Feuerwehr. Die kann ich rechnerisch so jetzt zwar reduzieren, die Menschen nehmen im Ergebnis seltener Freizeitausgleich. Tatsächlich Stellen einsparen wird man auf diese Weise aber kaum, wenn man sich die Wirklichkeit in Ressorts und Ämtern ansieht. Da fehlt es an vielen Stellen heute schon an Kolleginnen und Kollegen. Eine echte Aufgabenkritik, die daran was ändern könnte, scheitert andererseits oft wieder daran, dass man sich zugleich nicht traut, Dinge einzustellen. Und im schlimmsten Fall sinkt jetzt noch die Bereitschaft bei den Beamtinnen und Beamten, zusätzliche Aufgaben zu übernehmen.

Bitte nicht falsch verstehen, ich habe großen Respekt vor allen, die den Haushalt verhandeln. Ich weiß, wie schwierig es ist. Es ist undankbar, denn oft interessieren die damit verbundenen Fragen kaum einen. Niemand will gerne sparen und wenn es nötig ist, dann doch bitte nicht bei dem, was einem selbst wichtig ist. Das jetzige Ergebnis überzeugt mich aber nicht. Statt echte Strukturfragen anzugehen, Mittel umzusteuern und Dinge auch einzustellen, geht es doch irgendwie wieder zwei Jahre weiter. Man hofft, dass es dann besser oder zumindest nicht schlimmer wird und geht auf der anderen Seite in den Konflikt mit einem Teil seiner Beschäftigten. Angesichts der Herausforderungen und der Welt- und Wirtschaftslage finde ich, dass das unter dem Strich zu wenig ist.

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