Antwort auf Weimer, „Verteidigt die Freiheit,“ SZ, 5.6.2025, und Lehmann, „Kultur braucht Vielfalt und Haltung“. SZ 10.6.2025
Beide Überschriften sind richtig und bezeichnen Ziele, die uns in der Kulturpolitik leiten sollten.
Die Schlüsselbegriffe Freiheit, Vielfalt, Haltung gehören zu den Grundlagen einer demokratischen Kulturpolitik und eines demokratischen Kulturbegriffs. Kultur ist nicht per se ein Mittel der Verständigung, sondern nur ein demokratisch verstandener Kulturbegriff, bei dem sich keiner über den anderen erhebt, der auf den Werten des Grundgesetzes steht. Der Kulturbegriff der Nazis war nicht demokratisch und egalitär, sondern rassistisch und erhob sich über Menschengruppen wie Juden, Roma und Sinti und viele andere. Kultur unterscheidet und kann Menschen auch trennen, ganz bewußt betrieben das Orbàn und die PIS, wenn sie sich direkt in Theaterspielpläne und Stellenbesetzungen nach Parteibuch und nicht nach Kompetenz einmischen. Kulturpolitik kann also ein Mittel der Machtdurchsetzung und nicht nur der Verständigung verschiedener Perspektiven und Milieus bedeuten.
Die neueste Studie zeigt die Gefahr von Rechtsextremismus, und dass gerade junge Männer zur Gewalt neigen.
Hier ist deutliche Abgrenzung nötig.
Dennoch halte ich es für richtig, sich nicht nur klar gegen Rechtsextreme zu stellen, sondern auch gegen Linksextreme.
Beide sind keine Freunde der Freiheit und der offenen Gesellschaft, deswegen hat die Hufeisenhypothese auf der Ebene der Phänomene durchaus ihre Berechtigung.
Sven Lehmann, kulturpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag grenzt sich gegen die Hufeisentheorie, nach der sich Linksextreme und Rechtsextreme am unteren Ende des Hufeisens annähern und sich gegen die Mitte positionieren, klar ab.
Ich halte es für notwendig, sich unfreiheitliche Phänomen auch in der linksextremen Szene anzuschauen.
Meine Erfahrungen im Europaparlament (2004-2019) sprechen für die Annäherung von Rechts-und Linksextremen, wenn sie die Verteidigung der Menschen-und Bürgerrechte nicht in den Mittelpunkt stellen. Beide lehnen die offene Gesellschaft ab, wenn auch mit unterschiedlichen Ideologien.
Linksextreme haben die autoritären Herrscher z.B. in Venezuela oder Nicaragua verteidigt und da nicht als erstes die Menschenrechte eingefordert. Die Rechtsextremen sind Kulturkämpfer gegen Gleichberechtigung, für das Lob des autoritären Charakters und bekämpfen Homosexualität und Diversity, von Trump bis Putin.
In Deutschland und Europa gibt es gute Gründe nach Nationalsozialismus und Faschismus und Stalinismus die Totalitarismus-Theorie zu akzeptieren, nach der Nationalsozialismus und Stalinismus alle bürgerlichen Freiheiten abgeschafft hatten und beide Systeme Konzentrationslager errichtet hatten. Links-und Rechtsextreme verachten und bekämpfen die Freiheit. Die bürgerliche Mitte möchte sich der Freiheit und der Freiheiten erfreuen.
Das Verbannen der goldenen Venus in Berlin als sexistischer Figur ist auch für mich ein Zeichen von übertriebenem Kulturkampf von links. Lehmann kritisiert es wie Weimer, behandelt es aber als Petitesse. Das ist es aber nicht. Solche Verbote werden in weiten Teilen der Gesellschaft als übertrieben und übergriffig erlebt. Es ist Ausdruck einer Ablehnung der abendländischen Bildersprache und versteht sich als feministische Aktion.
Rechtsextreme wie die AFD greifen Kulturinstitutionen an, um die angeblich links-grün versiffte Kulturelite loszuwerden und wollen auch keine Freiheit der Kunst, sondern Parteinahme für neo-nationalistische Haltungen. Das konnten wir unter Orbàn in Polen und der PIS in Polen beobachten, dass brutal gegen die Freiheit von Kunst vorgegangen wurde, mit Einflussnahme auf Theaterspielpläne oder Ersetzen von Institutsleitungen durch rechte Politiker.
Der Kulturkampf von links zeitigt immer wieder Überzeichnungen, z.B. wurde in Berlin wurde verlangt, ein Gedicht nicht mehr an der Wand einer Hochschule zu zeigen, weil das angeblich sexistisch war.
Emanzipation und Sichtbarkeit von Frauen und Minderheiten sind absolut notwendig. Aber ein Abdriften in linksextremen Kulturkampf ist etwas anderes.
Das müssen wir zum Wohl unserer Freiheit auseinander halten. Ich bin überzeugt, dass in einem Kulturkampf von Links-und Rechtsextremen kein Segen liegt. Er treibt die Gesellschaft auseinander und verschärft das innere Klima.
Es ist richtig, die Freiheit zu verteidigen, Minderheitenrechte zu wahren, aber gegen Übertreibungen und Überzeichnungen einzutreten, die einen Konsens für Auseinandersetzung in der Gesellschaft zerstören. Die allermeisten Menschen in Deutschland wollen eine demokratische und an der Auseinandersetzung interessierte Kunst und Kultur. Für diese Freiheit die Voraussetzung zu schaffen, ist und bleibt Aufgabe einer demokratischen Kulturpolitik.
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