Wer Grün will muss Grün wählen! Warum wir keine Koa-Aussagen machen

Liebe Grüne,

wenn die letzten Umfragen einigermaßen verlässlich sind, dann ist klar: der Ausgang der Wahl ist nicht vorhersehbar. Es wird eine Koalition gebildet werden müssen; verschiedene Koalitionen werden wohl möglich sein; aber die Wählerinnen und Wähler können keine Koalitionen wählen, sondern nur Parteien (und Personen).

Wir Grünen haben gesagt, wir würden die Koalition mit der SPD fortsetzen, denn sie war – auch mit Differenzen und Konflikten – insgesamt erfolgreich (z. B. vor allem die Konsolidierung des Haushalts). Seit einem Jahr sagen uns die Umfragen aber, dass Rot-Grün keine Mehrheit haben wird. Und wie es aussieht, wird das keineswegs an uns Grünen liegen, denn wir werden wohl gegenüber der letzten Wahl zulegen.

Deshalb stellt sich für uns die Frage möglicher Koalitionen heute neu und anders. Sie stellt sich auch deshalb anders, weil für uns und die Gesellschaft die Klima- und Umweltfragen noch dringender geworden sind, in Energie, Verkehr, Bau, Ernährung. Und in diesen Fragen machen wir Grünen den Unterschied, und deshalb braucht es mehr Grün im nächsten Parlament und in der kommenden Landesregierung!

Aus diesen Gründen haben wir von Beginn an auf einen eigenständigen Wahlkampf mit unseren Inhalten gesetzt. Aus diesen Gründen haben wir uns nicht für und nicht gegen eine der möglichen Koalitionen mit uns ausgesprochen – Rot-Grün-Rot, „Ampel“ oder „Jamaika“. Das werden wir auch vor dem 26. Mai weiterhin nicht tun. Wir werden uns die Wahlergebnisse ansehen, dann mit möglichen Koalitionspartnern sprechen, Sondierungsgespräche führen. Wir wollen dabei über das Studium der Wahlprogramme und die Kenntnis der Personen hinaus herausfinden, in welcher Konstellation wir am besten und verlässlichsten unsere Inhalte umsetzen können; aber auch, ob und wo unüberwindbare Hindernisse bestehen.

In den letzten Tagen wird nun vermehrt Druck auf uns aufgebaut, doch eine Koalitionsaussage zu treffen. Man hört gerade jetzt von der politischen Konkurrenz, dass man ja nicht wisse, was man mit seiner Stimme für Grün bekomme. „Auf keinen Fall Jamaika“ oder „nicht nochmal SPD“ – wir hören beides. Also: „Entscheidet Euch!“ Wir sehen darin keinen Grund, uns diesem Druck zu beugen, denn wir haben uns schon entschieden: Für eine grüne nachhaltige Politik für Klima, Bildung, Solidarität und Weltoffenheit.

Wenn Sozialdemokraten uns kritisieren, dass wir eine Jamaika-Koalition nicht von vornherein ausschließen (und umgekehrt die CDU), ist die Antwort erst recht einfach: Beide Parteien sind ebenfalls „offen“, schließen eine große Koalition nicht aus. Und wie leicht das geht, haben wir ja 1995 gesehen. Ist es Zufall, dass die SPD jetzt Groko-Scherf plakatiert?

Nur ein starkes Zeichen für Grün, an dem niemand vorbei kommt, verhindert eine Große Koalition des Stillstands in Bremen.

Der Vorwurf, wir seien nach allen Seiten offen und damit inhaltsleer, ist einfach falsch. Wir verhandeln auf Basis unserer Inhalte, unseres starken grünen Wahlprogramms. Wir wissen, dass wir in einer (in jeder) Koalition Kompromisse machen müssen. Aber eben nicht beliebig. Und deshalb gilt für uns:

  • wir werden Klimaschutz und Bildung an die erste Stelle der Landespolitik setzen;
  • wir werden jede politische Maßnahme daran messen, welcher positive Beitrag damit zur Bewältigung der Klimakrise geleistet wird, bei Energie, Verkehr, Ernährung – denn wir wissen, dass der Klimanotstand schon begonnen hat;
  • wir werden keinen Schritt zurück ins bildungspolitische Mittelalter machen, mit Zensuren schon für die Kleinen und hergebrachter Zuordnung an Gymnasien und Oberschulen;
  • wir werden keine Einschränkungen der Bürgerrechte etwa durch Verschärfung des Polizeigesetzes zulassen;
  • mit uns wird es nur eine humane Geflüchteten- und Integrationspolitik geben;
  • und mehr Wohnungen, aber nicht auf der Osterholzer Feldmark und in Brokhuchting;
  • wir werden keine Unternehmen der Daseinsvorsorge privatisieren, aber auf die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen achten – ein grundsätzliches „Privat vor Staat“ ist für uns genauso unsinnig wie ein grundsätzliches „Staat vor Privat“;
  • wir werden nicht wieder mit der Schuldenmacherei beginnen;
  • und wir werden die Umweltpolitik nicht von der Verkehrs- und Baupolitik trennen.

Zusammengefasst: Ja, die Lage ist offen und unübersichtlich. Nur eines ist sicher: Je mehr Stimmen die Grünen bekommen, desto lauter wird im Parlament und in der Regierung die Stimme für Klimaschutz, Bildung für alle und Demokratie sein. Am Ende also eigentlich alles ganz einfach.

Maike, Alex und Hermann