Die Zeiten haben sich geändert. Auf eine Phase gesellschaftlichen und politischen Fortschritts folgt nun eine besorgniserregende Kehrtwende. Bundesweit, auch hier in Bremen und Bremerhaven, steigt die Zahl queerfeindlicher Übergriffe, Kürzungen in Landesetats treffen auch queere Einrichtungen, und während so viele Menschen wie nie zuvor für Vielfalt und Akzeptanz auf die Straße gehen, war die Bedrohungslage für CSDs nie so groß wie heute. Gleichzeitig entfacht die schwarz-rote Bundesregierung spalterische Kulturkämpfe und stellt lang erkämpfte queerpolitische Errungenschaften offen in Frage.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich derlei besorgniserregenden Entwicklungen stets entgegengestellt:
Wir haben auf Bundesebene in der Ampelregierung die Aufhebung des Blutspendeverbots für Homosexuelle und trans* Personen umgesetzt, erstmals die Stelle eines*einer Queerbeauftragten eingerichtet und die Überwindung des entwürdigenden Transsexuellengesetzes erkämpft.
Im Land Bremen haben wir queere Einrichtungen und Initiativen finanziell stärker aufgestellt, die Umsetzung der Istanbul-Konvention und des Landesaktionsplans gegen Queerfeindlichkeit vorangetrieben und an der Einrichtung der Landesantidiskriminierungsstelle mitgewirkt. Wir haben den Queerpolitischen Beirat des Landes Bremen gegründet, queerpolitische Zuständigkeiten in jedem Ressort geschaffen, trans* und inter* Beratung nach Bremen-Nord und Bremerhaven ausgeweitet, queeren Paaren Kinderwunschbehandlungen ermöglicht, eine Stelle für LGBTIQ*-Kompetenz bei der Polizei verankert und sind als Kommunen Bremen und Bremerhaven dem internationalen Rainbow Cities Netzwerk beigetreten.
Doch der gesellschaftliche Gegenwind wird stärker – auch bei uns. In Bremen und Bremerhaven erleben queere Menschen eine Zunahme von Übergriffen, eine Verrohung des öffentlichen Diskurses und herabwürdigende mediale Debatten, die den Kampf um Gleichberechtigung als Randthema abtun. Die Anschlagsdrohungen gegen den Bremer CSD markieren eine neue Stufe der Einschüchterung. Besonders trans*, inter* und nicht-binäre Personen werden zur Zielscheibe eines gefährlichen Kulturkampfes nach US-amerikanischem Vorbild. Die jüngst nur knapp verhinderte Verordnung des Bundesinnenministeriums, die sensible Daten von trans*, inter* und nicht-binären Personen in einem Sonderregister erfassen sollte, steht sinnbildlich für diesen Rollback.
Diese Entwicklungen machen deutlich: Unsere Rechte sind nicht selbstverständlich.
Als Menschenrechtspartei stehen wir Bremer GRÜNEN entschlossen für Sicherheit, Sichtbarkeit und Selbstbestimmung der queeren Community ein – in der Gesellschaft, in der Politik und in unseren eigenen Reihen.
Denn auch innerhalb unserer Partei beobachten wir zunehmend queerunsensible oder – kritische Haltungen. Das widerspricht unseren Grundwerten von Vielfalt und Solidarität. Wir benennen diesen Trend offen und setzen uns dafür ein, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bremen auch weiterhin die verlässliche politische Kraft für queere Menschen bleiben. Queerfeindlichkeit, kulturkämpferische Debatten und das Relativieren queerer Rechte dürfen in unserer Partei keinen Raum haben.
Gleichzeitig sehen wir mit Sorge, wie rechte und konservative Stimmen versuchen, gesellschaftlichen Fortschritt zurückzudrehen – ob beim Selbstbestimmungsgesetz, bei der Gleichstellung oder beim Sichtbarmachen von Vielfalt im öffentlichen Raum. Wenn heute darüber diskutiert wird, wer „das Stadtbild stört“, dann wissen wir: Diese Logik trifft früher oder später auch queere Menschen, FLINTA*-Personen und alle, die nicht in ein überholtes Normverständnis passen. Dem treten wir mit aller Entschlossenheit entgegen.
Die Landesmitgliederversammlung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bremen beschließt:
1. Klares Bekenntnis:
Die Bremer GRÜNEN bekennen sich als Menschenrechtspartei ausdrücklich dazu, verlässlich und stärker denn je für die Sicherheit, Sichtbarkeit und Selbstbestimmung der queeren Community einzustehen.
2. Verantwortung übernehmen:
Partei, Fraktion und Senat werden aufgefordert, den gesellschaftlichen Rollback klar zu benennen, ihm entschieden entgegenzutreten und auch weiterhin Verantwortung für eine progressive, queerfreundliche Politik zu übernehmen.
3. Schutz und Ausbau queerer Infrastruktur:
Die Bremer Grünen setzen sich für die langfristige strukturelle und finanzielle Absicherung, sowie den bedarfsgerechten Ausbau queerer Strukturen und Begegnungsräume ein – insbesondere in Bremerhaven. Bürgerschaftsfraktion und Senatsvertreter*innen werden aufgefordert, sich ressortübergreifend dafür einzusetzen.
4. Klare Haltung im Bundesrat und Senat:
Die Bürgerschaftsfraktion und die grünen Mitglieder des Senats werden aufgefordert, Bremens progressive, menschenrechtsbasierte Grundhaltung auch künftig klar im Bundesrat und in der Bundesregierung zu vertreten – etwa durch entschiedenen Widerstand gegen diskriminierende Gesetze und Verordnungen wie die geplanten „Rosa Listen“.
5. Selbstverpflichtung zur innerparteilichen Sensibilisierung:
Die Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bremen arbeitet aktiv daran, queersensible Perspektiven in allen Parteiebenen zu verankern, Diskriminierung entgegenzutreten und innerparteiliche Bildungsarbeit auszubauen.
6. Solidarität und Haltung zeigen:
Die Bremer Grünen bekennen sich klar zu einem vielfältigen und solidarischen Zwei-Städte- Staat. Queerfeindlichkeit – wie jede andere Form von Diskriminierung – darf in Bremen und Bremerhaven keinen Platz haben.