In Bremen und Bremerhaven engagieren sich viele Initiativen, Einrichtungen und Freiwillige dafür, dass Kinder in schwierigen Lebenslagen Unterstützung erfahren – vom SOS-Kinderdorf Familienzentrum über die „Frühen Hilfen“ bis hin zu Stadtteilzentren und Projekten wie BRISE. Diese Arbeit ist unverzichtbar und verdient höchste Anerkennung. Aber wäre Bremen nicht ein besseres Land, wenn es all diese Notprogramme gar nicht bräuchte? Kinderarmut zu bekämpfen ist nicht nur unsere Aufgabe als Gesellschaft, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll: Jeder investierte Euro in Prävention, Bildung und soziale Teilhabe spart später viel höhere Kosten in Gesundheit, Sozialhilfe und Justiz. Daher muss sich die Grüne Partei in Bremen dafür einsetzen, Kinderarmut entschieden zu bekämpfen, allen Kindern faire Startchancen zu geben und soziale Gerechtigkeit zur Grundlage einer nachhaltigen Gesellschaft zu machen.
Status Quo: Kinderarmut
Kinderarmut wird in Deutschland danach bemessen, ob ein Kind in einem Haushalt lebt, dessen Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens beträgt. Nach dieser Definition wächst bundesweit rund jedes fünfte Kind in Armut auf – etwa 4,4 Millionen junge Menschen. In Bremen ist die Lage besonders besorgniserregend: Etwa jedes dritte Kind gilt hier als armutsgefährdet. Bremen hat damit seit Jahren eine der höchsten Kinderarmutsquoten in Deutschland. Besonders betroffen sind Kinder Alleinerziehender, Kinder aus Familien mit Migrationsgeschichte oder mit chronisch kranken oder pflegenden Angehörigen. Armut in jungen Jahren ist meist kein vorübergehender Zustand – sie verfestigt sich, wenn Bildungschancen fehlen, soziale Teilhabe eingeschränkt ist und die Lebensverhältnisse über Generationen ungleich bleiben.
Gerade in armutsbetroffenen Stadtteilen/Quartieren fehlen oft Parks, Spielflächen und andere Treffpunkte, sodass Kindern und Jugendlichen wichtige Möglichkeiten der sozialen Teilhabe und Freizeitgestaltung verwehrt bleiben.
Es ist kein individuelles Versagen der Eltern, wenn jedes vierte Kind und jede:r vierte junge Erwachsene armutsgefährdet ist. Es ist ein strukturelles Versagen, das politisches Handeln erfordert.
Folgen von Kinderarmut
Kinder, die in Armut aufwachsen, haben schlechteren Zugang zu gesunder Ernährung, Gesundheitsversorgung, Sport, Bildung, Kultur und Mobilität. Sie leben häufig in beengtem Wohnraum und in Stadtteilen mit ohnehin prekären Lebensbedingungen. Armut schränkt Teilhabe ein, führt zu Ausgrenzung, Stigmatisierung und geringem Selbstwertgefühl. Studien zeigen deutlich: Kinderarmut macht krank – physisch und psychisch. Sie ist eng verbunden mit chronischem Stress, geringeren Bildungserfolgen und späteren Einkommensnachteilen. Wer als Kind arm ist, bleibt mit höherer Wahrscheinlichkeit auch im Erwachsenenalter arm. Kinderarmut zu bekämpfen muss deswegen heißen: Gesundheit, Bildung und soziale Gerechtigkeit fördern – und zwar präventiv, nicht erst dann, wenn es brennt.
Was tun gegen Kinderarmut?
Bremen muss handeln. Kinderarmut ist ein Zustand, der nicht hinnehmbar ist – schon gar nicht in einem wirtschaftlich starken Land wie Deutschland.
Leistungen bündeln – Kindergrundsicherung jetzt
Das bestehende System aus Kindergeld, Kinderzuschlag und Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket ist komplex, bürokratisch und erreicht viele Kinder nicht. Die Kindergrundsicherung kann das ändern: Sie soll Leistungen bündeln, automatisch und digital zugänglich machen und vor allem am unteren Einkommensrand wirken. Kinder müssen selbst Anspruchsberechtigte werden – einfach, unbürokratisch, gerecht. Bündnis 90/Die Grünen als Teil der bremischen Landesregierung muss sich im Bundesrat aktiv für eine gerechte und wirksame Kindergrundsicherung einsetzen.
Wenn rund 1,5 Millionen Kinder mehr als bisher ihnen zustehende Leistungen auch wirklich erhalten und sich die finanzielle Lage ihrer Familien verbessert, sinkt die Kinderarmut relativ rasch um knapp zwei Prozentpunkte. Das entspricht rund 282 000 Kindern, die nicht mehr unterhalb der Armutsgrenze leben müssen.
Beteiligung junger Menschen
Kinder und Jugendliche wissen selbst am besten, was sie brauchen. Ihre Perspektiven müssen bei politischen Entscheidungen gehört und berücksichtigt werden. Beteiligung ist kein Nice-to-have, sondern ein Kinderrecht und Bestandteil demokratischer Bildung. Wir fordern verbindliche Beteiligungsformate für junge Menschen für Bremen, die sich mit dem Thema Kinderarmut auseinandersetzen. Eine echte Überwindung von Kinderarmut gelingt aber nur, wenn das Thema wieder in den Mittelpunkt einer offenen und vielfältigen öffentlichen Diskussion rückt und alle gesellschaftlichen Gruppen Verantwortung übernehmen.
Politische Forderungen
- Der Bremer Senat entwickelt eine ressortübergreifende Strategie gegen
Kinderarmut, die konkrete Ziele, Indikatoren und Zeitrahmen enthalten soll. - Bremen soll sich auf Bundesebene, z. B. im Bundesrat, aktiv für die Einführung
der Kindergrundsicherung einsetzen. - Die Förderprogramme zur frühkindlichen Bildung, Familienarbeit und
Sozialraumförderung sind finanziell dauerhaft abzusichern. Bei der
Bedarfsplanung sind diese Akteur:innen einzubeziehen. - Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an politischen Entscheidungen und
ihre Verbindlichkeit ist im Landesrecht zu verankern. - Systematische Probleme erfordern systematische Lösungen. Kinder in schwierigen
Lebenslagen brauchen gezielte Unterstützung. Wir fordern daher den Einsatz für:- den Ausbau von Kitas, Schulen und sozialpädagogischen Angeboten,
insbesondere in benachteiligten Quartieren. - die Stärkung der Schulsozialarbeit, psychologischen Betreuung und
Jugendhilfe. - die Einbindung der Erziehungsberechtigten durch Familienzentren und
mehrsprachige, niedrigschwellige Beratungsangebote. - Investitionen in öffentliche Räume; Kultur-, Spiel- und Bewegungsangebote,
damit soziale Teilhabe für alle Kinder selbstverständlich wird.
- den Ausbau von Kitas, Schulen und sozialpädagogischen Angeboten,
Die nachhaltige Überwindung von Kinderarmut ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Mut zu wirksamen Strukturreformen und echte Solidarität erfordert.